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Es war einmal ein lieber großer Hund, der hatte aber furchterregende Zähne. Immer wenn er einen Menschen anlächelte, fletschte er ein Gebiss, vor dem sie Angst bekamen. Dann schraken sie vor ihm zurück, oder sie suchten nach einem Stock, um ihn damit einzuschüchtern und zu vertreiben.
Das machte den großen, starken Hund ganz traurig, denn er liebte die Menschen, wenn er auch nicht abstreiten konnte, dass er manchmal tatsächlich zubiss. »Aber ich muss mich doch wehren,« verteidigte er sich dann und weinte aus den wehmütigen Augen.
Eines Tages, als er wieder einmal gründlich missverstanden worden war und in seiner Not einen frechen Jungen angefallen und ihm eine Wunde in den zuschlagenden Arm gerissen hatte, zog er gesenkten Hauptes durch das Dorf und aufs Feld hinaus,um Trost zu suchen.
Am Waldrand traf er auf ein Reh, das noch größer war als er, das aber bei seinem Anblick schnell davonlief. Da knallte ein Schuss, und das Reh fiel tot um.
»Ach,« seufzte der Hund, »du warst ein so friedliches Tier, und doch haben die Menschen dich getötet. Offenbar bist du ihnen bei all deiner Schönheit tot noch lieber als lebendig. Dein Fleisch schmeckt zu gut. Das kann man von meinem nicht sagen. Vielleicht lebe ich nur deshalb noch.«
Dann traf er einen Fuchs, der sagte freundlich »guten Tag«, wandte sich aber gleich wieder einem Hühnerkopf zu, den er im Gebüsch gefunden hatte und nun schnell verschlang, da er sich sagte: »Wenn der Hund den Bissen sieht, muss ich ihm etwas abgeben, und es reicht doch nicht einmal für mich.«
»Hast du schon mal einen Menschen gebissen?« fragte der Hund, ohne sich um die karge Mahlzeit seines Vetters zu kümmern. Der Fuchs schüttelte den Kopf: »Nein, warum sollte ich? Wenn die mich jagen, laufe ich davon. Ich bin doch viel schneller.«
»Aber ihre Kugeln...« wandte der Hund ein. Doch der Fuchs ließ ihn nicht ausreden, weil er den Rest des Satzes erriet. »Jaja, die Kugeln sind noch viel schneller als ich. Das wolltest du doch sagen, nicht wahr? Nun ja, was soll's. Die Kugeln sind sehr klein, und sie können nur geradeaus fliegen, während ich auch nach den Seiten ausweichen kann. Und im Gebüsch sehen mich die Jäger nicht deutlich genug, um mich treffen zu können. Oh! Au! Was ist das? Ich habe Magenschmerzen, ohweh.«
Der Fuchs brach zusammen und starb. Das Fleisch war vergiftet.
Traurig kehrte der Hund um. »Immerhin,« murmelte er, »war der Fuchs eine echte Gefahr für andere Tiere und für die Menschen, zumindest wenn er die Tollwut hatte. Aber ich? Ich sehe doch nur so gefährlich aus, weil ich so lange Reißzähne habe.«
»Wenn dir deine Zähne nicht passen,« höhnte da aus einem schlammigen Graben eine Ratte, die überall herumgekommen war und sich auch im Dorf gut auskannte, »dann geh' doch zum Zahnarzt und lasse sie dir ziehen.«
»Danke,« erwiderte der Hund, »der Rat ist nützlich, danke sehr.« Und er ging zum Zahnarzt und bat ihn lächelnd, ihm die spitzen Waffen aus dem Maul zu ziehen.
»Nichts lieber als das,« dachte der Zahnarzt erleichtert, denn beim Anblick des großen Tieres in seiner Praxis hatte er gefürchtet, ihm könnte etwas geschehen, vielleicht würden ihm gar die Hände verstümmelt, mit denen er doch sein Geld verdiente.
Der Hund nahm Platz, und nach einer halben Stunde war er von seinen Reißzähnen befreit.
Glücklich kehrte er zu seinem Herrn zurück, der ihn schon vermisst hatte. Der Hund lächelte so groß und friedlich wie noch nie, so dass sein Herr sein Gebiss bis in den Rachen hinein sehen konnte.
»Was ist das?« rief dieser aus. »Wer hat dich so verstümmelt? Oh Hasso, du siehst ja aus wie ein Schafbock.«
Der Hund zeigte ihm stolz die fachmännisch behandelten Lücken in seinem Gebiss und erklärte, dass er freiwillig auf seine Reißzähne verzichtet habe.
»Du dummes Tier,« schimpfte sein Herr, streichelte dabei aber den Kopf seines anhänglichen Freundes, »die waren doch deine Stärke. Bisher konntest du für gute Menschen gut sein und für böse Menschen böse werden, jetzt bist du nur noch gut. Aber wozu ist ein guter Hund denn gut? Na schön, ich hab' dich ja gern. Und das Bellen hast du dir ja nicht nehmen lassen, kannst mich zwar nicht mehr verteidigen, aber warnen kannst du mich noch, so dass ich mich selber schützen kann. Du hast es ja gut gemeint. Aber es ist nicht gut, auf seine Waffen zu verzichten, wenn die Feinde es nicht auch tun. Sieh nur zu, dass du keinem zeigst, wie harmlos dein Maul geworden ist.«
Von nun an durfte der Hund die Menschen gar nicht mehr anlächeln.