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Es war einmal ein kleiner Igel, der war sehr neugierig und stöberte gerne in allen Ecken und Enden, auch dort, wo er eigentlich nichts zu suchen hatte, wo es nämlich kein Futter gab.
"Hör' mal, mein Kind," mahnte die Mutter, "dass du mir keine Dummheiten machst. Das Leben ist gefährlich. Wenn du nicht in meiner Nähe bleibst, kann dir leicht etwas zustoßen. Also benimm dich danach. Und vor allem, merke dir das gut, gehe nie im Dunkeln über eine Menschenstraße. Ein Vetter von dir ist dort kürzlich unter die Räder gekommen. Jetzt ist er tot."
"Ist er jetzt im Igel-Himmel?" fragte der Kleine naseweis.
"Du bist nicht auf der Erde geboren, um schon als Kind in den Himmel zu kommen," wies ihn die Mutter zurecht.
In der nächsten Nacht hockte der neugierige kleine Igel am Straßenrand und schaute sehnsüchtig zu der Mondsichel hinüber, die jenseits am Himmel hing. Sie war wie eine Laterne, die nur ihren eigenen Hof ausleuchtete. Der kleine Igel aber sagte sich: "Das Licht brennt, also ist es hell, also ist es nicht dunkel, also darf ich über die Menschenstraße."
Nach einem scheuen Blick zurück trippelte er los. Und obwohl er als dunkelgraues Tier auf dem dunklen Asphalt nicht zu erkennen war, gelangte er sicher über die Straße.
"Juchhuh!" rief er triumphierend und stieß das Näschen in die Luft, um seine Verwandtschaft, vor allem natürlich die überlistete Mutter, auf sich aufmerksam zu machen. Nach einer Weile ließ sie sich blicken. Aber sie teilte seinen Triumph keineswegs. Ängstlich besorgt schimpfte sie über die Straße hinweg, so dass der kleine Igel gleich wieder zurückeilen wollte.
"Halt," schrie die Mutter bange: "Du bleibst dort. Kind, es soll keine Strafe sein, aber ehe du bei der Rückkehr um's Leben kommst, ist es besser, du bleibst drüben. Leider kann ich dir nicht helfen, da ich so gefährdet bin wie du, wenn ich über die Straße gehe. Anstatt dass ich dich durch einen Unfall verliere oder du mich durch einen Unfall verlierst, ist es besser, wir leben getrennt weiter. Es ist Herbst, mein Kind, ernähre dich gut von Schnecken und Insekten, und dann halte deinen Winterschlaf. Vielleicht kommen wir im Frühling wieder zusammen."
Schluchzend wandte sich die Mutter ab. Und auch der kleine Igel war ganz traurig. Dann lenkte ihn aber die Nahrungssuche ab, und als er richtig satt war, verkroch er sich unter einem Reisighaufen und schlief ein.
Als er im Frühjahr erwachte, hatte er seine Familie vergessen, und ehe er sich erinnern konnte, lief ihm ein bezauberndes Igelmädchen über den Weg. Er heiratete es und hatte bald selber Kinder.
"Dass ihr mir nicht nachts über die Menschenstraße geht!" befahl die junge Mutter, und der Vater fügte hinzu: "Selbst wenn euch der Hinweg gelänge, so wäre doch der Rückweg noch einmal lebensgefährlich. Und wir wollen doch zusammenbleiben, oder?"
Da nickten seine Kinder, und es entstand eine neue Igelsiedlung.