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Der Hamburger Schweinekrieg

(1660)

Die alten Hamburger wußten genau,
Wie wichtig das Essen und Trinken,
Einen Weltruhm hatte ihr Biergebrau,
Auch liebten sie Mettwurst und Schinken,
Und jeder Bürger hatte ein Schwein,
Füttert es brav und hielt es rein,
Damit die Stadt nicht tät stinken.

Im Sachsenwald stand die Eichelmast frei
Nach alten, verbrieften Gesetzen,
Und war Sankt Nikolaus erst vorbei,
Ging's an ein Messerwetzen:
Die rosigen Tierlein kannten den Ton!
Nun kam ihres Hungers höhnischer Lohn,
Das Stechen, Schlitzen und Fetzen.

Auf der Lauenburg Herzog Christoph saß
Mit finster brütendem Grimme,
So gern wie die Hamburger trank er und aß,
Doch im Geldschrein ihm nistet die Imme:
Kein Hamburger wollte ihm borgen mehr,
Und hatten doch Silber wie Sand am Meer!
Da schrie er mit dröhnender Stimme:

»Herbei, ihr drei Knechte getreu, und zu Roß!
Wir wollen den Geizkragen schreiben
Einen Brief mit dem Spieß, mit Schwert und Geschoß,
Er soll an den Magen sie reiben!
Wir wollen dort drüben im Sachsenwald,
Ob fett, ob mager, ob jung, ob alt,
Die Hamburger Schweine eintreiben!«

Drei Tage ritten sie kreuz und quer
Mit Stoßen, Stechen und Hauen,
Sie trieben zusammen ein ganzes Heer
Von Ferkeln, Ebern und Sauen:
Zwölf leere Scheunen füllten sie an!
Herzog Christoph war ein harter Tyrann
Und gab ihnen nichts zu verdauen.

Sie quiekten so kläglich, bis Hamburgs Senat
Die hohen Ohren geklungen,
Ausgesandt er nach langerwogenem Rat
Vierhundert handfeste Jungen:
Voran Timm Kortlang, zuletzt Michel Schlurk,
So sprengten sie wild nach der Lauen-Burg,
Es jappten den Gäulen die Lungen.

Heiß war der Tag, doch kurz war die Schlacht,
Des Herzogs drei Getreue
Kämpften sich rückwärts in hutsamer Acht
Kaltblütig mit tapferer Schläue,
Die Sieger erstürmten ein Scheunentor
Nach dem andern, es grunzten daraus hervor
Die Ferkel, Eber und Säue.

Nur einer kam bei dem Kriege zu Schad':
Michel Schlurk, der gewaltige Schlinger,
Er saß im Sattel zu steif und zu grad,
Und die Lanze schwang ihren Schwinger,
Kühn ritt er quer durch das tollfrohe Vieh,
Fiel ab, brach das Beinwerk dicht überm Knie,
Eine Zehe dazu und zwei Finger.

Herzog Christoph fand ein Hühnchen im Ei
Und machte Frieden geschwinde:
»Zu turbieren der Hamburger Schweinerei,
Ich ferner mich nicht unterwinde,
Darin sollen die unangetastet sein
Im Sachsenwald, auf Koppel und Rain,
Und wo ich sie sonst noch finde!«

Dann kroch er ins Bett und wurde krank,
Weil ihm die Fehde mißraten,
Er schluckte Pillen und bittern Trank
Und ruhte von seinen Taten:
Er starb, von den Schinken übersatt,
Und der Wurst, die er garnicht gegessen hatt',
Und vom Hamburger Schweinebraten.

Ewald Gerhard Seeliger

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