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Du fragst mich um Rat, liebe Ilka, wegen der Ausschmückung deiner Festtafel zu den Osterfeierlichkeiten, und gerne komme ich deinem Wunsche nach, indem ich dir in kurzen Zügen ein Arrangement schildere, das im vergangenen Jahre den lebhaften Beifall meiner Gäste fand, ohne daß ich dabei tief in meine Kasse habe greifen müssen. Erste Bedingung ist, daß du dir viel zartes Grün verschaffst, und wenn es dir der eigene Garten nicht bietet und kein Gärtner in deiner Nähe ist, mußt du schon zu Anfang des Jahres in Töpfen und Kasten schnellwachsendes Grünzeug anlegen, wie Kresse, Kerbel usw. Auch Tannengrün und Ilexzweige sind schön, Efeu usw. Auf das schneeige Gedeck hatte ich inmitten des Tisches einen grünen Laubkranz gelegt, der mit Aurikeln und Leberblümchen freundlich belebt war, an verschiedenen Stellen waren Osterhasen und Ostereier, reizende Attrappen, für jeden Gast irgendeine Gabe. Die Servietten steckten in Form von spitzen Tüten in den Weingläsern, die Öffnung war mit Sträußchen aus Grünzeug gefüllt, und mitten darin lag ein buntgefärbtes Osterei, das auf einem herzförmigen, weißen, aufgeklebten Blättchen den Namen dessen trug, für welchen der Platz bestimmt war. Auf jedem Teller lag das Menü auf zierlichen Glückwunschkarten, und launige, auf die Persönlichkeiten oder das Fest bezügliche Zwei- oder Vierzeiler gaben zu fröhlichem Lachen Anlaß. Alle Schüsseln, welche aufgetragen wurden, waren geschmückt, und jedes Gericht trug ein Zeichen der österlichen Zeit. Der Suppenschöpflöffel trug oben einen Petersilienbusch, die Einlageklößchen waren in Form von Vogeleiern; um den Osterschinken lag ein Petersilienkranz mit halbierten, hartgesottenen Eiern, die mit Schnittlauch bestreut waren; das Geflügel hatte statt der weißen Bein-Papiermanschetten grüne Blattbüschel; der Salat war mit Eiern verziert und der Osterkuchen mit Schokoladeneiern garniert; rings um letzteren war ein Blumenkranz in einer Rüsche von weißem Krepp-Papier, und das Vanille-Eis wurde in Form eines großen Straußeneies aufgetragen. Als es zuletzt beim Kaffee noch Schlagsahne gab, die so gut wie möglich mittels eines Löffels in Form von Eiern aufgebaut war, wollte das Lachen kein Ende nehmen. Viel trugen zum guten Gelingen natürlich auch reizende Schokoladensachen bei. Ich gebe dir noch einige der allgemein gehaltenen Verschen an, die dir vielleicht nützen können, und es soll mich freuen, wenn dir dein Fest dann so gut gelingt, wie das meinige.
»Der Frühlingszweige duft'ge Mahnung
Weck' in dir die frohe Ahnung,
Daß noch oft mit Ostereiern,
Wir so frohe Feste feiern.«
Für einen älteren Herrn:
»Merk auf, was bringt der Osterhas';
Schau tief – doch nicht zu tief ins Glas.«
Für eine junge Frau:
»So frisch wie Lenzesgrün
Und wie die Blumen so schön,
Möge dein Leben blühn,
Dein Glück stets auferstehn!«
Für einen jungen Herrn:
»Vergiß bei Bacchus süßer Labe
Nicht Ostaras Eiergabe,
Und biete deiner Nachbarin,
Galant die Blumen und das Grün.«
Für ein junges Mädchen:
»Nimm das Sträußchen aus dem Glase,
Heb' es keck empor zur Nase,
Steck's als Schmuck dann an dein Kleid
Und freu' dich der Osterzeit.«
Einem Knaben:
»Lieber Junge, gib wohl acht:
Die Eier, die der Has' gebracht,
Gab er, weil du brav gewesen,
Er bringt nichts den Schlimmen, Bösen!«
Und schließlich einem Mädchen:
»Den Osterhasen und die Eier
Nimm zur frohen Festtagsfeier,
Bleibe brav, dann sollst du haben
Nächstes Jahr noch schön're Gaben.«
Und nun Gott befohlen und »Fröhliche Ostern!«
M. Schmidt.