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Vor einigen Jahren war ich bei meinem Patenkinde – Tochter meiner liebsten Freundin und Jugendgespielin – die seit 2 Jahren an einen Landwirt verheiratet ist, auf mehrere Tage zu Besuch. Als kundige Landwirtin sah ich mir mit regem Interesse den neuen Haushalt an, denn in Wahrheit hatte ich heimliche Sorge, wie das junge Ding sich im Landhaushalt würde zurechtfinden, das als Stadtkind mit 18 Jahren auf einem Rittergute die Wirtschaft gelernt und sich schon ein Jahr später verheiratet hatte. Doch welche angenehme Überraschung und Herzensfreude wurde mir zuteil, einen bis ins kleinste geordneten Haushalt vorzufinden! Die Wohnräume waren einfach und behaglich, doch entbehrten sie der Schönheit nicht, denn die ganze Ausstattung wirkte harmonisch. Ich schwieg vorläufig und bewunderte im stillen die Vielseitigkeit der jugendlichen Hausfrau – – ja, die Jugend mußte heutzutage die Weisheit mit Löffeln genießen, denn was ich alte Frau mir durch jahrelange Ausübung und Erfahrung angeeignet hatte, das fand ich hier alles im jungen Haushalt verkörpert vor. Am Abend, als alle Pflichten abgetan, zeigte mir das rosige Frauchen verschiedene selbstverfertigte, niedliche Sächelchen, die alle zur Ausstattung eines Babies gehörten, welches später erwartet wurde.
Nun hielt ich mich nicht länger und platzte los: »Aber Gretel, Kind, sage mir bloß, wo nimmst du all die Zeit her, so feine Häkelarbeiten und Stickereien fertig zu bringen und dann den Haushalt in lobenswerter Ordnung zu halten? Sage bloß, wer hat dich all die Weisheit gelehrt?« – Da lächelte das liebe Kind so freudig und stolz. »Ja, ja, Tante, wenn ich meinen guten Hausgeist nicht hätte, dann wär's mir oft schlimm ergangen!« – »Deinen Hausgeist? Ja, wer ist es denn, wo steckt er denn?« – Lächelnd langte die junge Frau ein Buch aus dem Bücherbord und reichte es mir. »Hier, Tante, ist mein guter Hausgeist, dessen Hand mir in allen Haushaltsnöten den richtigen Weg zeigt.« – »Sei sparsam! herausgegeben von Anny Wothe«, leuchtete mir von der geschmackvollen Einbanddecke verheißungsvoll entgegen. Da von der hochverehrten Herausgeberin mehrere Bücher in meinem Besitz sind, öffnete ich höchst interessiert das Buch, und der Inhalt fesselte mich, denn gleich köstlichen Perlen reihte sich eine verständnisvolle Belehrung an die andere – ein guter Ratschlag an den andern. Nun ging mir ein Licht auf, nun wußte ich, aus welcher unversiegbaren Quelle mein Patenkind seine Weisheit schöpfte. »Das erste Weihnachtsgeschenk meines Heinz, Tante, das mir schon segensreich geworden.« – »Ja, das scheint wirklich etwas Vollkommenes zu sein, Kind!« – »Vollkommenes? Für meine Stadtschwestern – ja, Tante, aber nicht für uns Landwirtinnen! Enthielte es nur etwas über die Pflege junger Haustiere, wie dankbar wäre ich dafür, da Heinz und ich gleich unerfahren darin sind.« – »Aber Kind, so etwas gehört doch nicht ins Haushaltungsbuch, dazu sind doch die Tierarzneibücher!« – »Doch, Tante, einige Hausmittel aus Großmutters Zeiten gehörten wohl hinein, denn sie sind oft mehr wert als alle tierärztliche Weisheit; jene hat man gleich zur Hand, diese müssen erst stundenweit aus der nächsten Stadt geholt werden, und wie kann eine Frau im ländlichen Haushalt wohl mehr sparen, als wenn sie sich um das Gedeihen des Jungviehes kümmert, denn das bedeutet ja die Existenz des Landmannes! Höre nur: Letztes Frühjahr hatten wir 10 junge Ferkel; in den ersten Wochen gediehen sie, zu unserer Freude, prächtig und später sind sie alle an Durchfall zugrunde gegangen; das war ein Verlust von 200 Mark, denn das Stück kostete 20 Mark. Eine harte Nuß für uns!« – »Tatet ihr denn nichts dazu, die Tiere zu retten?« – »Allerdings, aber wohl zu spät; denn als die beiden ersten krepiert waren, sah Heinz im Tierarzneibuch nach, holte auch Verschiedenes aus der Apotheke, doch nichts half, jeden Morgen lagen einige Tiere verendet im Stall.« Wohl wußte ich den Verlust zu schätzen, da die jungen Leute unter höchst schwierigen Verhältnissen den Besitz übernommen, und als ich von der Reise zurück kam, war mein erstes, aus meiner langjährigen Erfahrung ein kleines Heft über Behandlung und Pflege junger Haustiere zu schreiben und es meinem Patenkinde zuzuschicken, was mir unbegrenzte Dankbarkeit eingetragen, denn dank der guten Ratschläge gedeiht das Jungvieh vortrefflich und war noch kein Verlust zu beklagen, wie mir die jungen Leute wiederholt mitteilten.
Und abermals ist ein Ruf durch die deutschen Lande erklungen, um Beiträge für die zwölfte Auflage des wertvollen Buches »Sei sparsam« zu sammeln. Die hochverehrte Herausgeberin strebte nach Vollkommenem, das Buch soll immer vielseitiger und nutzbringender ausgestaltet werden. Tausende deutscher Frauenhände werden – den emsigen Bienen gleich – zusammentragen, was nach ihrer Meinung für des Hauses Wohl erforderlich. Ein solcher Ruf ist auch an mein Ohr gedrungen, auch ich möchte mein Scherflein, zum speziellen Wohle der jungen Landfrauen, beitragen und bitte um gütige Rücksichtnahme.
Beginnen wir mit dem Federvieh: Sorgt man für trockene, saubere Ställe, die täglich mit Sand oder Holzasche ausgestreut werden, auch für sauberes – im Winter lauwarmes – Trinkwasser und das nötige gesunde Futter, so kommen im Federviehstall selten Krankheiten vor. Außer dem nötigen Körnerfutter, welches aus Gerste oder Mais besteht, gebe man den Hühnern täglich eine Schüssel gekochte, zerkleinerte Kartoffeln, mit etwas Schrot und phosphorsaurem Kalk vermengt; letzterer verhütet das schalenlose Eierlegen, welches sonst häufig in der Legezeit eintritt. Den jungen Küchlein, die nach drei Wochen Brütezeit ausschlüpfen, reicht man in der ersten Zeit Bruchreis oder Grütze, später etwas Weizen – wenn's der Hausherr erlaubt. Den jungen Enten und Gänsen, die nach vier Wochen ausschlüpfen, gebe man in der ersten Zeit zerdrücktes Schwarzbrot mit abgekäster saurer Milch vermengt, später zerkleinerte Kartoffeln mit Weizenkleie. Letztere beiden Arten hüte man in der ersten Zeit vor Nässe und sorge, daß sie nicht von einem Regenschauer überrascht werden. Beginnen sie mit dem Zufedern, so sind sie schon widerstandsfähiger.
Wenden wir uns nun der Schweinezucht zu. Man sorge für luftige Ställe und trockne Streu, lasse im Schweinehaus auch jedes Frühjahr alle Wände kalken, wodurch etwaige Pilze und Krankheitskeime zerstört werden. Die schlimmste Krankheit der Ferkel ist der Durchfall, hemmt man ihn nicht, so gehen alle zugrunde. Nach 3 Wochen, wenn die kleinen Tiere abseits laufen und anfangen, sich selbst Nahrung zu suchen, in der Streu umherfressen und womöglich Jauche aufsaugen, stellt er sich gewöhnlich ein. Man bestreue den Stall dick mit Sand und Holzasche und gebe ihnen dick gekochte Buchweizen- oder Gerstengrütze, entziehe der Sau etwas Futter, damit die Ferkel gezwungen sind, die dargereichte Nahrung zu nehmen, um ihren Hunger zu stillen, so ist der Magen in einigen Tagen wieder in Ordnung und das Übel gehoben. Nun kann man mit dem Füttern von Brot, zerkleinerten, gekochten Kartoffeln und dicker Milch mit lauwarmem Wasser vermischt, beginnen. – Im Hochsommer stellt sich zuweilen bei den Mastschweinen die gefährlichste der Schweinekrankheiten, der Rotlauf, ein. Das Tier frißt nicht, liegt und streckt die Schnauze in die Streu, zuweilen zeigen sich auch schon rote Flecke auf dem Körper. Das sicherste Mittel dagegen ist Pferdedung, womit das kranke Tier ganz zugepackt wird, was man täglich mehrere Male erneuert. Reicht dem Tiere nur etwas Milch mit lauwarmem Wasser und einem Eßlöffel Glaubersalz. Wendet man dies einfache Mittel rechtzeitig an, so ist das kranke Tier nach einigen Tagen gesund.
Bei der Kälberaufzucht ist der Durchfall auch die häufigste Krankheit. Man schüttet ein Schnapsglas Kornbranntwein und eine Messerspitze geschabte Kreide in eine kleine Flasche, gibt es dem kranken Tiere ein und wiederholt dies täglich, bis die Krankheit gehoben ist. Den jungen Kälbern gebe man täglich dreimal lauwarme Muttermilch. Man beginne mit ¼ Liter und hüte sich in den ersten zwei Wochen vor einem Zuviel, wodurch der Durchfall herbeigeführt wird.
Agnes Bremer.