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Die sparsame Hausfrau sucht immer das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Da hat sie nun einen Balkon an ihrer Wohnung, und schon reift der Plan in ihrem Geiste, den Balkon nicht nur hübsch, sondern auch gewinnbringend zu bepflanzen. Blumen, ja die hätte sie wohl sehr gern, und sie hat es auch schon versucht, aber da der Balkon stundenlang der glühendsten Sonne ausgesetzt ist, verbrennt bald alles, sogar Kresse wollte nicht gedeihen. Schlaff und versengt waren die Pflanzen trotz eifrigen Gießens. Endlich – so ganz ohne Schmuck, ohne sommerliches Grün sollte doch ihr kleiner Garten nicht sein – kam sie auf einen Gedanken. Sie ließ frischen Boden in die Kästen füllen und kaufte ein Päckchen Tomatensamen für zehn Pfennige in der Samenhandlung. Natürlich wählte sie eine rasch wuchernde Sorte, welche die kleinen, eiförmigen Früchte trägt, und siehe da, die Tomaten vertrugen die sengenden Sonnen-* strahlen. Nach einigen Wochen rankten sie sich um das Gitter, und bald blühten sie über und über. Welche Freude, als die Früchte heranwuchsen! Alt und jung überzeugte sich oft am Tage, ob auch die Ernteaussichten gut seien, und wie herrlich prangten dann später die leuchtend roten Früchte in dem dunklen Grün.
Die Tomate wird in unserer Küche eigentlich noch viel zu wenig geschätzt, und doch wie herrlich schmeckt eine Tomatensuppe oder Sauce; und gar oft, wenn die Früchte von eigener Zucht stammen, da schmeckt es doppelt gut. Auf einem sonnigen Balkon gedeihen die Tomaten ganz besonders; sie brauchen keine besonders gute Pflege – Sonne und Wasser, das ist das einzige, was sie brauchen. Als wir noch einen Garten hatten, durften die Tomaten darinnen nie fehlen. Nun ziehen wir sie auf dem Balkon unserer Wohnung.
Wem es zu viel Mühe macht, sich aus den Samenkörnern die Pflänzchen aufzuziehen, der kann sich für ein paar Pfennige Tomatenpflanzen bei dem Gärtner kaufen. Anfang Mai bekommt man schon recht hübsche Pflanzen. Bedingung ist, daß man nicht zu viel Pflanzen in einen Kasten setzt, da die Tomate sich ungeheuer ausbreitet. Zieht man die Pflanzen aus Samenkörnern, muß man diese natürlich schon im April legen und die Aussaat unter Glasscheiben sehr feucht und warm halten. Wer also einen sonnigen Balkon besitzt und mit der Blumenzucht kein rechtes Glück hat, der pflanze oder säe Tomaten, und dann wird man sich freuen, in welch kurzer Zeit der Balkon grün sein wird, und später über die herrlichen, nützlichen Früchte.
Für dieses Jahr komme ich wohl mit meinem Vorschläge etwas zu spät, aber vielleicht erinnern sich zum kommenden Frühling die verehrten Leserinnen meines heute gegebenen Rates, einen sonnigen Balkon hübsch, billig und nutzbringend zu bepflanzen.
Martha Stein.