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Das kostbarste Gut einer sparsamen Hausfrau ist die Zeit. Eine versäumte Stunde fehlt der Hausfrau den ganzen Tag und macht sich fortwährend unliebsam bemerkbar. Ein wohleingerichteter Haushalt gleicht einem gutgehenden Uhrwerk, dessen Räder alle ineinandergreifen und dessen Haupttriebfeder die Hausfrau ist. Sie nutze also jede Stunde wohlüberlegt aus, was sich jedoch nicht in einem hastigen und zwecklosen Hinundhereilen äußere, sondern in vornehmer, jedem Familienmitglied angenehmer Ruhe. Die Hauptarbeit der Hausfrau besteht nicht immer im körperlichen Arbeiten, darum denke sie daran, ihre Kräfte zu schonen. War es einmal nötig, Außergewöhnliches zu leisten, so gönne sie ihrem Körper auch wieder die nötige Ruhe, denn jede Überanstrengung rächt sich bitter.
Mit etwas Überlegung kann die Hausfrau an Arbeitskräften viel sparen. Jeder Kaufmann schickt gekaufte Waren ins Haus, also ist es nicht nötig, das Dienstmädchen auf jeden Besorgungsweg mitzunehmen. Bei der großen Wäsche erleichtert vorheriges Einweichen die Arbeit bedeutend. Die Kinder seien schon von klein an zu kleinen Dienstleistungen angehalten. Die Blumen, der Kanarienvogel, die Ordnung ihrer Spielsachen sei ihnen anvertraut. Man kann nicht früh genug anfangen, dem Kinde kleine Pflichten aufzuerlegen. Denn ein Kind, welches gelernt hat, treu im kleinen zu sein, wird auch später einmal einen großen Wirkungskreis treu ausfüllen.
Die Dienstboten seien immer beschäftigt. Gibt es am Nachmittag keine Hausarbeit mehr zu tun, so gebe man ihnen Ausbesserungen. Nichts verdirbt Dienstboten mehr, als wenn sie zu viel freie Zeit haben, sich aus den Küchenfenstern über Höfe weg mit anderen Mädchen unterhalten oder gar auf den Treppen oder vor der Haustür Gespräche führen. Man gebe dem Mädchen jedoch auch Zeit, seine Sachen instandzuhalten und Sonntags einige Ausgangsstunden, denn ein Mädchen, das das Wohlwollen seiner Herrin empfindet, wird immer dienstbereit und willig sein.
In das Kapitel der Ausnutzung der Arbeitskräfte gehören auch die verschiedenartigen Maschinen, welche uns die Industrie beschert. Eine sparsame Hausfrau sollte nicht zu konservativ an den Neuerungen im Haushalt vorübergehen. Ein Gang z. B. durch die dauernde Gewerbeausstellung in Leipzig an der Promenade ist sehr zu empfehlen; es werden mancherlei Maschinen für den Haushalt vorgeführt, welche die einmalige größere Ausgabe mit der Zeit doppelt und dreifach wieder einbringen.
Große Zeit- und Kraftersparnis besteht in dem vorherigen genauen Überlegen des Arbeitspensums für jeden Tag. Es ist das große Geheimnis mancher sparsamen Hausfrau, welche wegen der tadellosen Ordnung und peinlichen Führung ihres Haushalts bewundert wird. Wenn besonders an Wäsche- und Reinemachetagen alles vorbedacht und vorherbesorgt ist, läßt sich alle Arbeit ruhig und glatt erledigen und dem Hausherrn bleibt mißratenes Essen und ein verdrießliches und übermüdetes Hausfrauengesicht erspart.
Eine sparsame Hausfrau wird alle Dinge, welche sie selbst wiederherstellen kann, nicht zum Handwerker schicken. Darum hat sie einen tadellos in Ordnung gehaltenen Handwerkskasten, Leimtiegel, Nägel, Fischleim usw. immer zur Hand. Jede kleine Unordnung wird sofort beseitigt und ausgebessert, Übung macht auch bei diesen Dingen den Meister.
Mit allen Dingen sei die Hausfrau sparsam, nur Seelengüte und Herzensheiterkeit teile sie allen in reichem Maße mit. In ihrem Familienkreise wird, auch wenn für kostbare Vergnügungen kein Geld vorhanden ist, Frohsinn und Zufriedenheit herrschen, denn sie ist die Sonne, die mit den warmen Strahlen wahrer Herzensgüte alle Familienmitglieder beglückt und belebt. Möchte es recht viel solcher sparsamen Hausfrauen geben!