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Ein nicht besonders gelungener Kuchen trägt schon sowieso das Schicksal des übrigbleibens und Trockenwerdens auf der Stirn – Verzeihung, auf der Außenseite – geschrieben; schade um die guten Zutaten. So sagt wenigstens, wer der Sache fremd ist, der Wissende verzagt aber noch lange nicht um das Material. Schweigend nimmt die Hausfrau den Verschmähten vom Tisch und läßt ihn trocken werden, was z. B. eine warme Ofenröhre beschleunigt, und setzt das Mysterium fort, indem sie den dürren Kuchen fein im Mörser zerstößt, ohne dabei etwaige Rosinen zu entfernen; nur Obstauflagen und Fruchtmarmeladen müssen entfernt werden, falls letztere noch nicht ganz trocknen wollen. Dann reibt man 170 Gr. Butter zu Schaum, fügt 8 Eier, 170 Gr. Zucker (ist der Kuchen süß, dann weniger) hinzu, mischt 230 Gr. des feingestoßenen Kuchens hinzu, sowie ein halbes Glas Rum oder Wein, füllt die Masse in eine gebutterte und mit geriebenem Weißbrot ausgesiebte Puddingform, läßt im Heißwasser 2½ Stunden kochen und reicht diesen sehr feinen Pudding mit einer Wein- oder Fruchtsauce. Das schöne Material ist also nicht verloren, sondern feiert eine glänzende Auferstehung. Das gleiche gilt für die verachteten Reste von Teekuchen, die von einer Gesellschaft übrig geblieben sind und tags darauf niemand zur Freude und zum Genuß dienen. Man stoße sie, ohne zu sortieren, getrost alle durcheinander im Mörser, das tut dem guten Geschmack keinen Abbruch, und aus der häßlichen Puppe Rest entsteht der schöne Schmetterling Pudding; nur muß man darauf achten, daß die Kuchenreste keinen fremden Geschmack annehmen, d. h. nicht von anderen Eßwaren, einem Schranke oder Holzkasten »angezogen« haben.
E. v. Adlersfeld.