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Ameisenplage.

Unter welche Überschrift soll ich wohl die greuliche Ameisenplage stellen? Ich wüßte es hier nicht zu sagen. Sie ist weder ein Genuß- noch ein Nahrungsmittel, ist weder schön und gehört, Gott sei Dank, noch nicht zur Wohnungseinrichtung.

Die Wirte, die die Wohnung vermieten, wissen natürlich ganz genau, daß in der Speisekammer, die sie mit vermieten und so gut anpreisen, zu gewissen Zeiten, namentlich bei Frühlingsanfang, Ameisen in großen, ungezählten Haufen erscheinen werden. Sie hüten sich wohl, es zu sagen, und überlassen diese Erfahrung ohne Warnung gern dem Mieter. Meist sind sie bei großer Klage sehr überrascht, als hätten sie keine Ahnung davon. So ging es mir. Die Wohnung war ganz nach unsern Wünschen, ebenso erschienen Küche und Speisekammer tadellos. Im Winter war gar nichts zu bemerken. Da kam der liebe Frühling und mit ihm entsetzlich und überraschend die Ameisen, wimmelnd, kribbelnd!

Wie so gern aßen wir Backpflaumen, welche aus Gesundheitsrücksichten vorzüglich sind, namentlich für alte Leute, die sich nicht mehr so viel Bewegung im Freien machen können. Wir wuschen sie abends tüchtig und weichten sie dann in Wasser ein. Mit demselben Wasser aufgesetzt, Zucker und manchmal ein wenig Zitronenschale, kochen sie so schneller weich, man braucht also dann weniger Feuerung, da sie nicht lange zu kochen brauchen. Dies ist also auch eine Ersparnis! Also ich hatte gerade meine Portion für einige Tage fertig. Nachdem sie ausgekühlt, wurde sie in die Speisekammer als herrlicher Vorrat bugsiert. Na, mein Gesicht hätten Sie, verehrte Leser, sehen sollen, als ich sie zum Genuß auf den Tisch bringen wollte! Das war kein Genuß; drin, drum und drüber lagen und krochen viele, viele Ameisen.

So etwas hatte ich noch nie erlebt. Die Tiere schienen gern Pflaumen zu mögen, und wie ich hernach erfuhr, überhaupt alles süße Zeug, wie Honig, Zucker, Sirup und Eingemachtes. Diese Pflaumen konnten wir nicht mehr genießen.

Ich ging zum Apotheker oder Drogisten, der verabreichte mir Alaun. Das streute ich in alle Fugen, auf Papier und rings um die Bretter. Ich habe danach kaum wieder eine Ameise gesehen. Doch muß ich sagen, daß ich das eben genannte Süße, auch Pflaumen, niemals wieder frei hinstellte, sondern ein kleines Schränkchen anschaffte mit allerfeinstem Drahtgitterchen, hinter das ich noch festen Mull zog. Unsere Wohnung, wie Speisekammer lagen zu ebener Erde, nicht unterkellert, und da hieß es, daß sie sich dort eher einfinden, als wenn man oben wohnt. Also, Alaun ist ein gutes Mittel gegen die Ameisenplage.

Klara Riebe.


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