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Für Leute, welche in großen Städten zur Miete wohnen, ist es schwer, sich Haustiere zu halten. Sie haben keinen Platz zur Verfügung, den sie den Tieren anweisen konnten. Höchstens könnten Parterrebewohner noch eine Stallung herrichten in einem Holzverschlag, Remise usw. Die Ziege ist sehr bescheiden und beansprucht keine großen Räume. Sie ist mit einem trockenen, warmen Plätzchen zufrieden und begnügt sich mit den Abfällen aus der Küche, aus denen man ihr eine lauwarme Tränke bereitet. Selbstverständlich muß aber auch Heu dabei gefüttert werden, das man am besten abwechslungsweise reicht. Je mehr Abwechslung nämlich die Ziege im Futter hat, desto gesünder und ergiebiger im Milchertrag wird sie sein. Mais- und Erbsenmehl, eingeweichtes Brot, gekochte Kartoffeln verwendet man ebenfalls zur Tränke. Die Ziege muß einen Raum zur Bewegung im Freien haben, vielleicht ist dies im Gärtchen oder Hofe angängig, wo man sie täglich ein- oder zweimal ein Viertelstündchen herumlaufen läßt. Wer auf dem Lande und frei wohnt, wird sich mit leichter Mühe der rationellen Ziegenzucht widmen können. Es ist nämlich ein Segen für jedes Haus und besonders für kinderreiche Familien, wenn man Ziegen hält. Die Ziege ist sehr gewinnbringend im Milchertrag, sie liefert durchschnittlich bis zu 3–4 Liter Milch täglich bei guter Fütterung. Diese Milch ist wertvoller und gesünder als Kuhmilch. Sie enthält mehr Nährstoffe und ist für Blutarme und Kinder ein vorzügliches Nahrungsmittel. Ziegenmilch ist sehr wohlschmeckend, wenn die Ziegen reinlich gehalten werden. Der unangenehme Geruch der Ziege kann überhaupt nur dort vorkommen, wo die Ziege nicht täglich geputzt wird. Jeden Morgen sollte sie gebürstet oder abgerieben werden, und die Streu ist zweimal täglich zu erneuern. Am besten ist Torfmull als Streu, denn sie nimmt gar keinen großen Raum ein und kann in Säcken aufbewahrt werden. Torfmull nimmt ferner alle Feuchtigkeit besser auf und ist deshalb dem Stroh oder der Laubstreu vorzuziehen.
Überall in allen Gegenden haben sich Genossenschaften für Ziegenzucht gebildet. Man erfrägt deshalb am besten alles Nähere bei der heimischen Vereinigung betr. Wahl der Ziegenrasse und Aufzucht. Die Schweizerziege, sog. Saaner, wird allgemein gelobt und zur Zucht empfohlen. Junge Ziegen liefern schmackhafte Braten, wenn man sie 6–10 Wochen alt werden läßt und gut füttert. Das Halten der Ziegen bedeutet für viele Familien Wohlstand und Gesundheit, und es wäre deshalb zu wünschen, daß die Ziegenzucht immer mehr in Aufnahme auch bei besseren Familien käme. Ein Segen wäre es besonders für alle Kinder, die bei Ziegenmilch vorzüglich gedeihen. Zur Blutbildung ist sie nicht hoch genug anzuschlagen.
Frau Charlotte Meyer-Krafft.