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Selbstangefertigter Christbaumschmuck.

An den langen traulichen Adventsabenden gibt es keine sinnigere und traulichere Beschäftigung für jung und alt, als die Anfertigung von Christbaumschmuck. Beim hellen Lampenschein sitzt alles um den Tisch versammelt, und es wird fleißig mit der Schere hantiert, geklebt und gekleistert, vergoldet usw., und dazwischen ertönt manch frommes Weihnachtslied von Kinderlippen, manch beherzigenswertes Wort aus Muttermund!

Doch lasset uns zunächst einen Blick in diese fröhliche Werkstatt werfen. Großmütterchen hat eine Menge ausgeblasener Eier vor sich, die sie geschickt mit Stanniol in verschiedenen Farben beklebt, und die zwischen dem dunklen Grün der Tanne in herrlichen Reflexen schimmern. Andere benutzt sie zu Ampeln, wundervoll mit buntem Papier verziert, und selbst Schneemänner, Luftballons usw. entstehen aus ihren kunstgeübten Händen. Auch füllt sie einige mit kleinen Bonbons- oder Schokoladenplätzchen, verschließt die beiden Öffnungen mit Gelatinepapier, häkelt aus farbigem Garn kleine Netze und bringt Ösen zum Aufhängen an. Bubi will hinter solcher Kunstfertigkeit nicht zurückstehen. Er schneidet aus dünnem Pappdeckel einen sechseckigen Stern und beklebt ihn mit Goldpapier, und zwar nur auf einer Seite. Nun nimmt er zwei derselben und klebt ein Büschel Lamelle zwischen die beiden Pappflächen, und ein richtiger Komet ist entstanden.

Der Beifall ermuntert ihn zu kühneren Versuchen. Er nimmt eine Walnuß und bohrt oben ein kleines Loch hinein, in welches er ein kleines Stöckchen befestigt. Die Nuß beklebt er darauf mit Rauschgold. Dann nimmt er Haselnüsse, bronziert sie mit Silber und verbindet sie durch einen Goldfaden miteinander, diesen wiederum verbindet er mit dem Streichholz oben an der Walnuß, also daß sie eine Garnitur derselben sind, und verziert zum Schlusse die Walnuß oben durch einen farbigen Stern aus Papier, sowie einen Henkel zum Aufhängen.

Die Lorbeeren des Bruders verleiten die Schwester auch zu mancherlei Kunstwerken. Sie fertigt kleine Körbchen aus Papier. Ein 12 Zentimeter langer und 10 Zentimeter breiter Goldpapierstreifen wird in der Mitte gefaltet und mit gleichmäßigen Einschnitten versehen, die fast bis zum Rande reichen. Ist dieses geschehen, dann nimmt sie den Streifen auseinander, klebt die Enden zusammen und drückt die Mittellinie, wo er gefaltet wurde, nach außen, also daß ein Körbchen entsteht, welches zwar keinen Boden hat, wohl aber einen Henkel aus starkem Papier erhält. Ein bunter Streifen oben und unten am Rande ziert das Körbchen ungemein. Dann nimmt sie Visitenkarten, dreht daraus kleine Tüten, die sie mit einigen Stichen festnäht oder mit Bruders Kleister festklebt; ein kleines Schnürchen oder ein Seidenbändchen zum Anhängen und dann das Tütchen mit schönen Oblaten beklebt, mit Bronze bestrichen oder feucht mit Brillantine bestreut, und ein weiterer Schmuck ist fertig. Gewiß wird Mütterlein diese am Heiligen Abend mit mancherlei Sachen füllen.

Vater kann nicht zurückstehen bei diesem geschäftigen Treiben, schnell fertigt er Eimerchen aus rotem Gelatine-Papier, versieht sie mit einem festen Kartonboden, an welchem das Gelatine-Papier festgeklebt wird. Goldränder und Goldschnur zum Befestigen vervollständigen die weitere Verzierung, und schnell hat er ein Lichtendchen vermittels einer Nadel, die er durch den Boden in das Licht gesteckt hat, befestigt, es angezündet, und der Jubel über die reizende Laterne will kein Ende nehmen.

»Mutter muß auch was machen!« schallt es jetzt im Chor, und lachend fügt sie sich diesem Familienbeschluß. Sie nimmt schnell ein Pralinee und wickelt es in ein dreieckiges Stückchen hochroten Krepp-Papiers, dann nimmt sie grünes Papier, schneidet daraus Blätter und befestigt sie an der glatten Knolle, die sich gebildet hat. Mehrere dieser Gewächse vereinigt sie zu einem Bündelchen und ruft dann lachend: »Was soll dieses sein?« – »Ein Radieschen-Bündelchen!« lacht und jubelt alles durcheinander; »ach, wie prächtig!« – Doch nun ist Zeit zum Schlafengehen; morgen abend Fortsetzung! Und befriedigt sucht alt und jung sein Lager auf.

Emma Kreuzahler.


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