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Bereitung des Beerenweines.

Gerade heute haben wir die erste Probe von unserem selbstbereiteten Johannisbeerwein gemacht, die so befriedigend ist, daß ich mit ruhigem Gewissen andere Hausfrauen zur Nacheiferung anregen kann, indem ich hier die ganz ausführliche Beschreibung der Herstellungsweise bringe. Die Auslagen sind so gering, die Mühe ebenfalls, so daß man von einer recht erfreulichen Ersparnis sprechen kann, wenn man im November eine Menge Weinflaschen gefüllt sorgsam im Keller verwahrt.

Wer einen eigenen Obstgarten oder Gelegenheit hat, frisch gepflückte Beeren zu erlangen, dem möchte ich raten, von nachstehendem Rezept Gebrauch zu machen. Bei peinlichster Sauberkeit und genauer Beachtung der Vorschriften kann ich einen erfreulichen Erfolg ruhig garantieren. Zuerst ist darauf zu achten, daß die Beeren bei trockenem Wetter gepflückt werden; weiter dürfen sie weder unreif noch überreif sein, die Güte des Weins hängt nicht zum wenigsten davon ab. Gewaschen dürfen die Beeren nur im Notfall werden, wenn sie unsauber sind, besser ist aber, wenn man es nicht nötig hat. Sobald die Beeren gepflückt sind oder doch wenigstens so bald als nur irgend möglich, sollen sie gequetscht werden, damit der Schimmelbildung vorgebeugt wird. Nun hat man sich zuvor zwei große Holzschrauben vom Tischler geben zu lassen, wenn man selber keine hat, und preßt damit den Saft aus den in Leinensäckchen gefüllten Beeren aus, indem man die Säckchen zwischen zwei Bretter legt und mit den Schrauben so lange preßt, bis aller Saft gewonnen ist. Sogleich muß der Saft in einen sehr sauberen Glasballon gefüllt werden. Sehr wichtig ist, daß bei der Vor- und Zubereitung und auch nachher beim Abfüllen keine Metallgefäße, Löffel usw. benutzt werden, weil der Wein sonst unrettbar verloren ist. Nun kommen zu dem Saft auf je ein Liter zwei Liter Wasser und zwei Pfund Zucker. Das Wasser muß natürlich erst gekocht und der Zucker in dem kochenden Wasser gelöst werden. Erst muß das Wasser ganz abgekühlt sein, ehe es mit dem Saft verbunden wird. Sobald die Mischung vollzogen ist, muß die Luft abgeschlossen werden, und zwar durch einen Gärtrichter, den man wie folgt herstellt: Der Pfropfen wird durchbohrt und eine Glasröhre durchgeschoben und der Pfropfen mit der darin steckenden Glasröhre fest in den Ballonhals gedrückt und gut verlackt, so daß keine Luft in den Ballon eindringen kann. Die Glasröhre wird nun an dem außer dem Propfen befindlichen Ende durch einen Gummischlauch mit einer zweiten Glasröhre verbunden und das Ende der zweiten in eine mit Wasser gefüllte Flasche geleitet. Wenn die Gärung beginnt, steigen in der Flasche aus der Glasröhre Luftbläschen auf. Die Gärung verläuft vorschriftsmäßig nur in Zimmertemperatur. Wenn nun keine Luftblasen mehr aufsteigen, ist die Gärung beendet, und der Wein kann geklärt werden, gewöhnlich Ende September. Der Ballon wird vorsichtig geöffnet und der klare Wein durch einen Gummischlauch in Steingefäße geleitet, aber recht vorsichtig, damit der dicke Bodensatz sich nicht mit dem klaren Wein vermengt. Jetzt wird der Ballon so schnell und so gründlich wie möglich gesäubert und der klare Wein zurückgefüllt, indem man das Steingefäß höher stellt und den Wein durch den Schlauch in den Ballon zurückleitet, damit die Luft möglichst wenig Einfluß auf den Wein übt. Mit einem neuen Pfropfen wird nun der Ballon lose geschlossen und oben sorgfältig verlackt. Entstehen nun noch Gase, so springt der Pfropfen heraus, und die Gärung vollzieht sich unter denselben Bedingungen zum zweiten Male. Sobald der Wein klar ist, wird er wieder ebenso abgefüllt und der Bodensatz entfernt. Doch gilt auch hier als Hauptsache, daß der Wein mit der Luft möglichst wenig in Berührung kommt.

Bis Ende November bleibt der Ballon mit dem Wein in der gleichen Temperatur ruhig stehen, dann ist er flaschenreif. Wenn alle Vorschriften genau befolgt sind, so muß der Wein tadellos klar sein, und man darf ihn nun befriedigt durch Schlauch in Flaschen füllen, gut verkorken, versiegeln und sorgsam im Keller lagern. Wie Johannisbeersaft kann jeder beliebige Beerensaft in dieser Weise in Wein verwandelt werden.

Nun wünsche ich gut Gelingen dem Versuch, derselbe wird zur Vorliebe für selbstbereitete Weine führen.

H. Jordan.

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