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Meine liebe Paula! So hat denn auch der Storch bei Euch Einkehr gehalten und ein herziges Kindlein in die Wiege gelegt. Mit vieler Freude hörte ich dieses Ereignis, und ich beeile mich, Euch und dem lieben, kleinen Töchterchen meine herzlichsten Glückwünsche zu entbieten. Gleichzeitig will ich nun Dir, liebes junges Mütterchen, einige Ratschläge, wie Du sie unlängst von mir erbatest, in betreff der Kindespflege erteilen, Ratschläge, die ich selbst angewandt und gut befunden habe. Ich kann mir denken, daß Dir manches gute Buch zur Verfügung stand, aber nicht alles Geschriebene ist wirklich empfehlenswert. Von Deiner lieben Mutter hörte ich, daß Du Dein Kind selbst nähren willst, das ist auch die beste Nahrung für das kleine Wesen, gedeihen doch solche Kinder immer am besten. In den ersten Wochen verlangt das Kind aller zwei Stunden nach Nahrung, im dritten Monat aber genügt alle drei Stunden eine vollständige Sättigung. Es ist schon so viel geredet und geschrieben worden über die Stillung des Kindes in der Nacht; es wird behauptet, das Kind könne von abends 10 Uhr bis morgens 6 Uhr ohne zu trinken schlafen. Ich glaube das recht gern, aber ich glaube nicht, daß eine Mutter, die ihr Kind ausschließlich nährt, in diesem Falle eine ruhige Nacht hat. Der Milchandrang wird alsdann so groß sein, daß es ihr fast Schmerzen verursacht und sie unmöglich schlafen läßt. Ich spreche aus Erfahrung, denn ich habe bei keinem meiner Kinder dieses zustande gebracht. Gib Deinem Kindchen ruhig während der Nacht ein- bis zweimal zu trinken, wozu das Kind schreien lassen, denn die gute Gewohnheit, des Nachts durchzuschlafen, bringen sie nicht mit zur Welt. Ein Mittel empfehle ich Dir aber zu einer ruhigen Nacht, nämlich ein Bad vor dem Schlafengehen. Die Kleinen gewöhnen sich schnell daran, werden vom Strampeln müde, und wenn sie dann gut gesättigt sind, schlafen sie lange und fest. Im achten Monat reichte ich meinen Kindern Zukost, und zwar abwechselnd Hafermehl, Grießmehl, in halb Wasser, halb Milch gekocht und mit etwas Zucker versüßt. Auch essen sie gern in Milch geweichten Zwieback, ein halber genügt für den Anfang. Nur rate ich Dir, nicht so viel zur Flasche zu greifen, vom sechsten Monat an können die Kleinen lernen, aus der Tasse zu trinken. Ich gab meinen Kindern im Anfang jeden Tag ein wenig aus der Tasse, um sie daran zu gewöhnen, sie haben es recht bald gelernt. Im elften Monat entwöhnte ich die Kinder und gab ihnen dann auch nachts nichts mehr. Für die ersten Nächte muß man sich denn wohl etwas mit Mut und Geduld wappnen, um fest zu bleiben, damit die Kleinen sich gewöhnen. So, meine liebe Paula, nun pflege Dein kleines Kindchen gut und nimm innige Grüße von Deiner