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Alkohol zur Gesundheitspflege.

Der Kampf gegen den Mißbrauch des Alkohols wird heute mit großer Schärfe geführt, und das mit Recht. Denn übermäßiger Alkoholgenuß kann den vollständigen körperlichen und geistigen Verfall des Menschen zur Folge haben; aber trotzdem ist der Alkohol nicht zu verwerfen, sondern im Gegenteil kann er bei der Gesundheitspflege eine große Rolle spielen, freilich nur bei äußerlicher Anwendung; denn so schädlich der Alkohol für den inneren Menschen ist, so nützlich ist er für den äußeren.

Von Zeit zu Zeit vorgenommene Abwaschungen mit Alkohol sind eine wahre Wohltat für den Körper. Zu diesem Zwecke verdünnt man gew. Kornspiritus mit warmem Wasser und reibt damit den ganzen Körper gründlich ein. Ermüdete oder überanstrengte Muskeln werden durch Einreiben mit unverdünntem Alkohol neu belebt und gestärkt. Namentlich bei Entzündungen leistet Alkohol gute Dienste. Z. B. bei der sehr häufig auftretenden äußeren Ohrentzündung (nicht Mittelohrentzündung) lindert ein richtig gemachter Alkoholumschlag sofort den Schmerz und verhindert das weitere Umsichgreifen der Entzündung. Dieser Umschlag wird auf folgende Weise gemacht: Man schüttet zuerst ein paar Tropfen in das Ohr und wartet, bis das anfangs sehr heftige Brennen aufgehört hat. Dann legt man gut mit Alkohol durchtränkte Watte auf und über diese ein Stück Guttapercha, worauf wieder eine besonders dicke Lage trockene Watte folgt. Dann wird der Kopf mit einer Binde sorgfältig umwickelt, doch ist hierbei vor allen Dingen darauf zu achten, daß die obere Wattelage dicht anschließt, damit der Spiritus nicht sofort verdunstet und dann selbstverständlich ohne Wirkung bleibt. Wenn sich bei Wunden die Ränder entzünden, so ist sofort ein Alkoholumschlag zu machen, der der Entzündung die Hitze entzieht und das Entstehen des Brandes verhindert.

Bei Blinddarmentzündung, die gewöhnlich ganz plötzlich und von rasenden Schmerzen begleitet auftritt, sind bis zum Eintreffen des Arztes heiße Alkoholumschläge zu machen. Versäumt man dies, so können die schlimmsten Folgen daraus entstehen. Man gießt zu diesem Zwecke zu einem beliebigen Quantum Alkohol so viel kochendes Wasser, bis dieses nur noch so heiß ist, daß es auf den bloßen Körper gebracht werden kann. Dann legt man ein großes Leintuch vierfach zusammen, tränkt dieses gut mit dem heißen Spiritus und legt es auf die schmerzende Stelle, doch so, daß der ganze Leib davon bedeckt wird. Dann legt man ein dickes, mehrfach zusammengelegtes wollenes Tuch darüber. Dieser Umschlag muß erneuert werden, sobald das Leintuch nicht mehr heiß ist. In den meisten Fällen gelingt es, dadurch das Geschwür zum Aufbrechen zu bringen, dessen Inhalt durch den Darm abgeht. Es ist jedoch unbedingt notwendig, daß der Kranke sich vollkommen ruhig verhält.

Werden nicht sogleich Alkoholumschläge gemacht, oder gelingt es nicht, mit diesen das Geschwür zum Aufbrechen zu bringen, so ist ein sofortiger operativer Eingriff notwendig.

Auch bei Kniegelenkentzündung leisten heiße Alkoholumschläge gute Dienste. Stark schweißende Körperstellen sollten des öfteren mit Alkohol eingerieben werden. Fußschweiß wird in den meisten Fällen dadurch beseitigt, daß man die Füße so heiß als möglich badet und dann mit Alkohol einreibt. Auch empfiehlt es sich, in die Stiefel Filzsohlen, die man sich selbst am besten aus einem alten Filzhute schneidet, einzulegen, und nur rein wollene Strümpfe oder Socken zu tragen.

Bei Verbrennungen verhindert mit Leinöl oder Glyzerinöl vermengter Spiritus, wenn er sofort aufgelegt wird, das Entstehen der Blasen und lindert fast augenblicklich den Schmerz.

Otto Autenrieth.

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