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Der Wandschrank.

»Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar«, so sagt unser großer Schiller, und wie er es gemeint hat, so wird es ja wohl auch wahr sein! Aber, aber, allenthalben hört man heutzutage Klagen über Mangel an Raum. Unsere Wohnhäuser und besonders die sogenannten Mietskasernen sind so eng beisammen, daß es hier immer heißt, sich einteilen, damit man mit dem verfügbaren Platze auskommt. Beim Umzug wird man immer erst gewahr, wie viele Sachen man hat, und für die Hausfrau bleibt stets die große Frage: »Wohin mit all dem Zeug?« wenn man in eine neue Wohnung kommt. Herrlich ist es, findet man einen Wandschrank in einem der Räume vor. Was kann man da nicht alles unterbringen, und so ein Wandschrank ist das anspruchloseste Ding von der Welt. Man merkt ihn gar nicht, er ist kaum zu sehen, nimmt keinen Platz weg und erfüllt dennoch wunderbar seinen Zweck. Deshalb sollten die Baumeister bei Neubauten den Wandschrank nun und nimmermehr vergessen, sondern ihn an allen nur möglichen Plätzen anbringen. Es finden sich gewiß Nischen genug, welche man benutzen kann. Eine besonders praktische Freundin hat sogar die Fensternischen an ihrem Kinderzimmer zu Wandschränken benutzt. Wandschränkchen Nr. 1 dient dazu, in drei übereinandergehenden Fächern Kinderwäsche aufzunehmen, und in Wandschrank Nr. 2 werden Schulbücher, Hefte, Büchertaschen und Spielzeug aufbewahrt. Unter der Stiege eines Hauses sah ich neulich einen hohen zweitürigen Wandschrank, worin die ganze Garderobe aufgehoben wurde. Anderswo benutzte die Hausfrau einen kleineren Behälter unter der Treppe als kleine Vorratskammer. Da gibt es außerdem noch Wandschränke in Nischen neben der Küche, welche zur Aufnahme von Besen, Putzgegenständen, Putzeimern usw. dienen. Die Speisekammer kommt in den gewöhnlichen Bauten überall etwas zu kurz. Dann ist man froh, wenn man auch noch einen Wandschrank für Eingemachtes und Vorräte hat. Der Wandschrank kann überall und zu den verschiedensten Zwecken Verwendung finden, und in einem eleganten Schlafzimmer verdeckte er die ganze Waschtoilette, welche in Form von Marmorbassins mit Wasserhähnen in die Wand eingelassen war. Wer also ein neues Haus baut oder sich eine Wohnung neu herrichten läßt, der vergesse nicht, dem Wandschrank allerorten ein Plätzchen zu gönnen. Er wird dann mit Befriedigung immerfort die Nützlichkeit dieser Einrichtung loben. Wandschränke aber kann sich die Hausfrau auch selbst herstellen in breiten Türnischen, doch allerdings nur von Türen, welche nicht zum Ein- und Ausgehen benutzt werden. Bei beschränktem Platze kann man in Schlafzimmern eine solche Türnische als Kleiderschrank ausnützen. Man schraubt die Haken oben in den Türbalken, hängt die Kleidungsstücke daran und verdeckt die Türe mit einem Vorhang aus Jute, Möbelstoff, Cretonne usw., der an Ringen an einer eisernen Stange hin- und hergeschoben werden kann. Eine solche Vorrichtung ist mit wenig Kosten herzustellen und sehr praktisch.

Hans Meyer-Krafft.


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