Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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838. Die geraubte Hostie

Bei Eckenbütter spielte ein Metzgerbursche mit einem andern, dem sein Meister vieles Geld zum Vieheinkauf mitgegeben, und verspielte alles; zuletzt zog er den Rock aus, trennte die Silberknöpfe von der Weste und verlor auch die. Da kam ihm der Gedanke, in der Martinskirche eine goldene Monstranz zu stehlen; er brach heimlich ein, nahm die Monstranz und entwich. Auf dem Wege nach Forchheim entnahm er der Monstranz die heilige Hostie und warf sie auf einen Acker in das Korn. Als er durch Forchheim wanderte und sich nach einem Goldschmiedsladen umsah, siehe, da stellten ihn die Hunde, wie vordessen die Torsoldaten zu Forchheim die Wanderer stellten, und ließen ihn nicht weiter. Als nun hochlöbliche Polizei zu Forchheim des Gesellen sich annahm und die Monstranz bei ihm fand, wurde er eingesponnen. Am andern Morgen ging eine Magd ins Gras, die sah helle Lichter auf dem Kornacker brennen, sie ging näher und sah nichts; als sie wieder entfernter war, sah sie die Lichter wieder, gerade wie es dem Seher im Frankental erging. Sie sagte das Gesicht ihrer Herrschaft an, und auch dieser geschah das gleiche. Darauf gelangte an Geistliche die Kunde, die kamen und erhoben die geweihte Hostie, und auf der Stelle, wo sie gefunden ward, wurde eine Kapelle erbaut. Der Dieb aber ward auf einer Kuhhaut zum Richtplatz geschleift.

Diese Sage wiederholt sich an vielen Orten, unter andern in Erfurt, so genau, daß es auch dort eine Martinskirche ist, aus welcher die Monstranz geraubt wird, nur sind dort der Diebe drei, die Hostie wird in ein Loch geworfen, und den einen der Diebe treibt Reue zur Offenbarung der Missetat.

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