Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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240. Danzig

Vom Ursprunge des Namens der Stadt Danzig gehen vielerlei Sagen, von denen manche sehr haltlos und offenbar später erst gemacht sind. Vom Tanz, den man früher Danz schrieb, kommt vielleicht der Name, vielleicht auch nicht. Ein Dorf des Namens Hochzeit liegt nahe bei Danzig, warum sollte der Tanz von Hochzeit fern sein? Es wird aber erzählt, daß im Dorfe Wiek am Ostseestrande ein vornehmer Däne hauste, der war ein großer Seeräuber, machte seinen Namen furchtbar und barg in Wiek seine Raubschätze; da gaben die Umwohner dem Orte den Namen Danske-Wiek, des Dänen Wiek, und daraus wurde durch der Zeiten und der Sprache Wandlung Danswieg, Danzig. Ob nun dieser Däne des umliegenden Landes Herr geworden oder ein von der Sage genannter Hagel, der auf dem nahen Hagelsberge saß und tyrannisch herrschte, bleibt ungewiß. Zu dem Gebietiger des Landes aber kamen die Einwohner des Ortes Wiek und trugen ihm das Anliegen vor, eine Stadt zu erbauen, er sollte ihnen nur so viel Raum und Boden vergönnen, als sie mit ihren Armen umfangen könnten. Andere nennen als solchen Grundherrn den ersten Herzog von Pommerellen, Sobislaus, der habe, da er vom König Woldemar von Dänemark mit Krieg überzogen worden, noch keinen festen Platz im Lande und daher selbst den Wunsch gehabt, einen solchen zu gründen. Daher habe er sich gegen die Wieker erboten, ihnen den Grund und das Holz zu solchem Aufbau zu schenken, und die Bewohner haben nun gebeten, ihnen so viel Boden einzuräumen, als sie mit ihren Armen umspannen würden. Und als dieses bewilligt war, da kamen auf den bestimmten Tag alle Bewohner des Ortes zusammen, jedes Geschlechtes und Alters, was nur gehen konnte, und faßten sich an den Händen und umschritten einen mächtigen Platz und kreisten so viel Raum ein, als hernach die Altstadt Danzig bedeckt hat. Das war die erste und auch die größte große Runde, die jemals getanzt worden ist, und von da an mag wohl der Rundtanz aufgekommen sein.

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