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Wie schon im Mittelalter die Kinderzüge in Thüringen, deren schon gedacht ist, hervorgingen aus einem unerklärten Trieb, der plötzlich erwachte und bewog, in Massen das Ungewöhnliche, Seltsame zu tun, so ist es auch in Schlesien in viel jüngerer Zeit geschehen, daß im Jahre 1708 eine Sucht und ein Trieb plötzlich die Kinder befiel, sich andächtig zusammenzuscharen, und geschahe dies in den verschiedenen Fürstentümern, Graf- und Herrschaften des Landes an einem und demselben Tage, und zwar in noch rauher Jahreszeit, am 14. Februar. Da strömten die Kinder aus Städten und Dörfern am frühen Morgen heraus auf das freie Feld, ohne daß jemand sie lockte, Knaben und Mägdlein von sechs bis zu vierzehn Jahren, schlossen Kreise und wählten in jedem einen Vorsänger. Als dieses geschehen war, gab jedweder Vorsänger ein Zeichen, da haben sich die Kinder auf die Erde niedergeworfen und sich mit dem Angesicht zum Boden gebeugt und haben ein stilles Vaterunser gebetet. Darauf sind sie wieder aufgestanden und haben angehoben, die schönsten Lieder zu singen, unter andern: Liebster Jesu, wir sind hier – oder: Es ist gewißlich an der Zeit – oder: Nur nicht betrübt, solang dich Jesus liebt. – Sodann hat der kleine Vorsänger auch gepredigt und gebetet, und zwar knieend, Psalmen oder Gebete, welche sich auf die Zeit schickten – dann wurde der Segen und ein Schlußlied gesungen, sowie beim Auseinandergehen die Zeit um elf Uhr vormittags und drei Uhr nachmittags zur Wiederzusammenkunft am nächsten Tage bestimmt und allen angesagt. – So fest hielt diese eifervolle Andachtsucht die Kinderherzen in Banden, daß sie sogar gegen der Eltern Gebot und Willen davonliefen, ihre Andacht zu halten, und es mußten Zwangsmaßregeln ergriffen werden, diese wunderseltsamen freien Versammlungen zu verhindern und die jungen Schwärmer auf die Andacht in Haus, Schule und Kirche zurückzuführen, als wohin sie gehörten. – Und erinnert das an die Wallfahrtsucht der Knaben von Schwäbisch-Hall im Jahre 1448.
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