Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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472. Mönch und Nonne

Angesichts der Wartburg und ganz nahe der Trümmerstätte der zerstörten Dynastenburg Mittelstein, jetzt Mädelstein geheißen, stehen zwei Steinfelsen, die sind so zueinander geneigt, daß sie sich zu Häupten fast berühren, und heißen Mönch und Nonne. Da es in Eisenach noch Klöster gab, waren drunten in einem ein Mönch, im andern eine Nonne, die liebten einander und verabredeten auf dieser Höhe ein Stelldichein, auf einer Stelle, wo man von der Stadt aus nicht gesehen werden konnte. Sie herzten sich und küßten sich und verwünschten den Klosterzwang, der sie für ewig trennte, und wünschten, wie Liebende tun, sich ewig nahe sein, sich ewig küssen zu können. Und da sie dies so beweglich wünschten, so ward der Wunsch erfüllt, sie wurden zu hohen Steinfelsen, die von weitem gesehen immer noch menschliche Gestalt zu haben und einander zu küssen scheinen.

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