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Auch das Niederland hat seine eigne Sage vom weitberufenen Doktor Faust. Selbiger war gar ein gelahrter Mann und hatte seinen Wohnsitz auf dem Schlosse Waerdenberg bei Bommel. Alldort laborierte und alchimisierte er, suchte den Stein der Weisen und konnte ihn nicht finden. Da dachte der Teufel, mit dem Doktor sei wohl ein Fang zu tun, trat daher zu ihm und sprach: Ohne mich wird dir nichts glücken, deine Köcheleien, und was du braust und destillierst, das alles taugt den Teufel nicht. Nimm mich zum Diener an, so sollst du haben, was dein Herz begehrt, sieben Jahre diene ich dir, und dann dienst du mir. Das war dem Doktor Faust recht, daß ihm der Teufel dienen wollte, denn er glaubte nicht an eine Ewigkeit und an eine Strafe drüben, und verschrieb sich dem Teufel mit seinem Blut. Und wie er das getan hatte, so war nichts so schön auf der Welt, was Doktor Faust nicht begehrt hätte; aus Paris mußten die besten Kleider kommen, aus Amsterdam die besten Leckereien, aus Harlem die schönsten und teuersten Tulpen, im Sommer aß Faust Eis und im Winter süße Trauben, das alles mußte der Teufel, sein Diener, der sich Jost nannte, herbeischaffen, denn Faust hatte seine größte Freude daran, den höllischen Knecht gehörig im Trabe zu erhalten. Wenn Faust von Waerdenberg nach Bommel fahren wollte, wozu er nicht länger Zeit brauchte als nach Konstantinopel, als wohin er auch zum öftern fuhr, so rief er seinen Teufel: Jost! Schlag eine Brücke über die Schelde, und brich sie hinter mir ab! Rasch! – Und in einem Augenblicke war die Brücke da und auch da gewesen. Die Bommeler Straßen hatten ein vorsündflutliches Pflaster, gerade wie manche gute Stadt im lieben Thüringer- und im übrigen Deutschland, da rief Faustus: Jost, pflastere rasch, pflastere vor den Pferden her, und hinter dem Wagen räume ab, ich kann die Bommeler nicht leiden – sie können auch fernerweit im Drecke baden. –
In einem Keller zu Bommel hatten sie prächtiges Bier aus Tiel, das schmeckte Faustum, und er bezechte sich, und danach setzte er sich auf das Faß, wie er dort zu Leipzig in Auerbachs Keller auch getan, und Jost mußte das Faß samt Faustum aus dem Keller schroten, während derselbe reitend daraufsaß, das haben viele Gäste mit angesehen.
Da Faustus wahrnahm, daß der Teufel ihm nichts zuliebe tat, sondern alles aus grimmem Haß, so ärgerte er ihn, ließ ihm keinen Augenblick Ruhe, und wenn der Teufel gedachte, es wäre genug getan, er wollte nun auch ruhen und ausschnaufen, da war es weit gefehlt, da säete sein schlimmer Herr einen Scheffel Korn unter die Dornhecken, dann mußte Jost alles zusammenlesen, da durfte kein Körnlein mangeln, oder der Doktor schüttete einen Sack Mehl aus dem Fenster, und Jost hatte es wieder aufzusammeln, daß ja kein Stäublein fehle. Darüber wurde der arme Teufel ganz mager, dünn und spinnebeinig, und er hatte es dicksatt und sprach endlich zu Faust: Höre, mein werter Doktor! Bei dir kann es kein Teufel aushalten, für solche Herrschaft dank' ich schön. Ich habe diese vier Jahre her mehr geschwitzt und gebraten als meine ganzen Lebetage in der Hölle. Du heizest einem ja ärger ein als Beelzebub und machst einem so warm, uff! Ich schenke dir die vier Jahre und deinen Kontrakt, gib mich frei, du sollst alles umsonst genossen haben! Aber Faust sagte: Quod non Diabole! Verträge muß man halten, bist du meiner müde, bin ich doch nicht deiner müde! Und so mußte der Teufel Jost dem Doktor Faust noch drei volle Jahre dienen. Als diese drei Jahre herum waren, wer war da froher als der Teufel? Er fuhr so recht wie der Teufel auf das Schloß Waerdenberg, packte Faustum und zerrte ihn an den Haaren durch ein engvergittertes Fenster des Schloßturmes, daß das helle Blut ringsherum spritzte. Das machte Flecken, die nicht wegzuwaschen sind und immer noch gezeigt werden.
Seltsam ist's, daß die weitumgehende Sage vom Teufelsbündner Doktor Faust sich gern an Orte nahe verwandten Klanges heftet, die deutsche Sage läßt ihn im Lande Württemberg zu Knittlingen geboren werden, läßt ihn in Wittenberg lehren, in dessen Nähe enden, und die deutsch-niederländische Sage versetzt ihn nach Schloß Waerdenberg. Diesem Zusammenhang mögen die Forscher der Sage weiter nachsinnen, ob dies mehr als bloßer Zufall sei.
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