Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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553. Das Baumännchen

Da man zu Großkamsdorf zwischen Saalfeld und Ranis, wo die bedeutenden Bergwerke sind, die Kirche baute, ward man ein kleines graues Männchen mit verschrumpfeltem Gesicht gewahr, das keiner kannte, und das gar fleißig mithalf. Bald war es da, bald dort, bald sichtbar, bald unsichtbar, bald trug es Steine, bald rührte es Mörtel, bald kletterte es auf den Gerüsten umher, wo es absonderlich zur Mittagsstunde bemerkt wurde, denn man sah es nie essen oder trinken. Es war da und schwand hinweg, keiner wußte, woher es kam und wohin es ging. Wenn der Werkmeister den Wochenlohn auszahlte, war es nie unter den andern Meistern und Gesellen. Die alten wachten darüber, daß dieses Männchen von den jüngeren Gesellen nicht beleidigt wurde, und flüsterten ihnen heimlich zu: Es ist ein Baumännchen, das dürfen wir beileibe nicht erzürnen, sonst ist's gefehlt. Und es ging auch der ganze Kirchenbau ohne einen einzigen Unglücksfall trefflich zu Ende, und der Bau war unglaublich schnell fertig geworden. Da nun die Kirche eingeweiht wurde, sah man das Baumännchen bald oben auf der Empore, bald auf dem Orgelchor, bald unter der Kanzel, bis der Segen über das neue Gotteshaus gesprochen wurde. Da schwand es vor aller Augen hinweg und ward niemals wieder gesehen.

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