Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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528. Der Wassermann

Zu Unter-Preilipp, einem Dorfe unterm hohen Kulm, das bis hinab zum Saalufer reicht, allwo ein uralt Kirchlein mit köstlichen Schnitzbildern und einem Handörgelein, das Herzog Ernst der Fromme selbst gespielt haben soll, ward nachts an die Türe der Wehmutter gepocht, und draußen hat ein kleiner Mann gestanden und sie gerufen; da sie nun herunterkam, ist er hinunter ins Unterdorf gegangen nach der Saale zu und hat ihr drunten eine Binde über die Augen geworfen und darauf mit einer Gerte auf das Wasser geschlagen, und da hat sich das Wasser auseinandergetan und sind die zwei auf Stufen tief hinuntergeschritten und zuletzt in eine kleine Stube gekommen, wo der kleine Mann der Frau das Tuch abnahm und sie eine kleine Frau in einem kleinen Bettchen liegen sah, die ihrer Hülfe dringend bedurfte, worauf der Mann die Stube verließ. Da nun die Wehmutter alle ihre Sachen mit gutem Glück verrichtet hatte, sprach die kleine Frau: Ich bin eine Christin getauft wie du, aber der greuliche Wassermann hat mich ausgetauscht, da ich noch ein Sechswochenkind war, der frißt meine Kindlein alle am dritten Tage. Er wird gleich wiederkommen und dir viel Geld bieten, nimm aber ja nicht mehr, als andere dir geben, ich weiß, eure Art nimmt gern so viel als möglich, nimm auch keinen Weck mit und trinke keinen Wein, wenn er dir es anbietet, sonst dreht er dir hinterdrein den Hals um. Die Wehmutter befolgte diese Lehren genau und ward glücklich und ohne Gefährde zurückgeleitet; beim Abschied grölzte noch der Wassermann: Du hast klug getan, nicht mehr zu nehmen, als dir gebührte – und da hat hernachmals die Hebamme auch nicht mehr bei den Leuten geschleckt und sich füttern lassen und auch noch mit nach Hause genommen und keine großen Taler gefordert von armen Leuten.

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