Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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361. Der starke Jochem

Zu Kurfürst Georgs Zeiten lebte zu Berlin ein Edelmann, Joachim von Schapelow geheißen, sie nannten ihn nur kurzweg den starken Jochem wegen seiner ungeheuren Stärke. Niemand konnte ihn niederringen, obgleich er von Gestalt nichts weniger als ein Riese war. Da kam einmal ein fremder Fürst an den Berliner Hof, der hatte in seinem Gefolge einen ungemein großen und auch sehr starken Mann, den konnte auch keiner bezwingen, und der Fürst rühmte absonderlich dessen Stärke gegen den Kurfürsten, und daß seinesgleichen nicht zum zweiten Male gefunden werde. Hm, machte der Kurfürst, mein Schapelow nimmt's am Ende doch mit deinem starken Hans auf! – und da wetteten die Fürsten miteinander um vier Eimer, das sind zwei Ohm, Wein, wessen Mann obsiege, der solle selbigen Wein gewonnen haben. Die Kämpfer traten auf den Plan, der große Ausländer und der kleine, aber kernfeste Märker. Der Kampf begann, und nach kurzem Ringen warf Schapelow seinen riesigen Gegner zu Boden, daß ihm die Rippen krachten, und als dieser wieder aufzustehen versuchte, ergriff ihn der starke Jochem, hielt ihm beide Hände eisenfest, packte ihn, trug ihn zum Fenster und wollte ihn hinauswerfen – was jedoch der Kurfürst verhinderte. Um nun den Schapelow für seine Anstrengung auch zu belohnen, so befahl er ihm, sich im Hofkeller seinen Lohn zu holen und sich so viel Wein zu nehmen, als er auf einmal herauftragen könne, der solle ihm eigen gehören. Das war dem starken Jochem sehr willkommen, er stieg hinab in den Keller, besah sich die Fässer und griff nicht blöde zu. Der Kurfürst und sein hoher Gast standen oben auf dem Söller nach dem Hofe und blickten hinab, da erschien der wackere Jochem unten auf der Kellertreppe. Er hatte drunten aus zwei Eimern die Spunde geschlagen, hatte einen vollen Eimer unter dem rechten, einen unter dem linken Arm, und an den Fingern, die er in die Spundlöcher gesteckt, trug er rechts einen Eimer und links auch einen Eimer, da sonst ein Mann an einem einzigen vollen halben Eimerfaß gerade genug zu tragen hat. Die Herren lachten über diese komische Erscheinung und bewunderten die gewaltige Kraft des Mannes, und der Kurfürst rief hinunter: Bist du des Teufels, Schapelow? Wenn du meinen Wettgewinn wegträgst, was trägt's denn mir? – Ach Durchlaucht! rief Joachim von Schapelow hinauf, es trägt's nicht aus.

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