Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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599. Der Mordgarten

Unter der Burg Gleichen beim Freudentale liegt ein vormals von alten Bäumen umschatteter Platz, der wird der Mordgarten genannt; er war ein Ort der Zweikämpfe. Es ist nun weit über hundert Jahre her, daß zwei junge Männer zugleich eine schöne Arnstädterin liebten, die nur einen von ihnen begünstigte. Der verschmähte Nebenbuhler suchte Händel mit dem Beglückten, die sich beim Spiele leicht fanden; man forderte sich und schlug sich im Mordgarten auf Pistolen. Die Geliebte sandte ahnungsvoll am Morgen des Kampftages ihrem Liebsten das übliche Brauthemde – es wurde sein Totenhemd, er wurde darin begraben, denn er fiel auf den ersten Schuß. Darauf hat die Jungfrau ihrem Freund im Freudentale, das ihr ein Jammertal ward, gleich jener Käfernburgerin Sibylle ein Kreuz an der Stätte errichten lassen, an welcher er um sie den Tod empfangen. Dies alte Kreuz mag wohl noch stehen; im Jahre 1820 stand es noch und wurde darauf gelesen der Name und die folgende Schrift:

Herr Christian
Friedrich Carl
v. Bose
ward hier getödtet den 9. Marty
Anno 1717.

Christi Blut hat mich befreit
von der Höllen Rachen
Mein Blut umb Rache schreyt
Gott befehl ich mein Sachen.

Die Bäume des vormaligen sogenannten Baum- und Mordgartens sind verschwunden. Das Steinkreuz steht einsam am Saume eines unbebauten Hügels unterhalb der Burgruine, südlich von dem Freudentale.

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