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Im Harz ohnweit Roßla und Wallhausen erhebt sich eine Burgtrümmer auf dem Quästenberge, der aber früher Finsterberg geheißen haben soll, und das Dorf Quästenberg am Fuße soll auch eine Stadt gewesen sein.
Der Burgherren einer hatte eine Tochter, die ging als junges Kind aus der Burg und verirrte sich, Blumen suchend, in dem Walde, der rings die Burg umgab. Als das Töchterlein nicht heimkehrte und vermißt wurde, entstand große Sorge um dasselbe in den Herzen seiner Eltern, die ganze Dienerschaft ward ausgesandt, es zu suchen. Indessen hatte ein Köhler dasselbe schon im tiefen Walde gefunden, wie es harmlos aus seinen Blumen einen Kranz wand, und nichts von ihm über seine Herkunft erfahren können; er hatte es aber mit in seine Hütte genommen, ihm zu essen gegeben und es bei sich behalten. Zu ihm in seine stille Waldeinsamkeit drang nichts von der Sorge und dem Suchen, die dem verlorenen Kinde galten, bis einige Leute von Roda, einem mansfeldischen Dorfe, es auf einer Wiese wieder mit Kranzwinden beschäftigt fanden und von ihm zu der Köhlerhütte geleitet wurden; diese Leute wußten von dem Verlust des Kindes, befragten den Köhler und erfuhren von ihm, daß er dasselbe im Walde allein gefunden habe. Nun eilten alle mit dem Kinde nach der Finsterburg, und der Köhler trug den Kranz, den es gewunden hatte, solchen Kranz nannte man aber damals Quäste. Große Freude über des Kindes Wiederkehr war auf der Burg. Der Ritter schenkte dem Köhler und den Einwohnern zu Roda die Wiese, auf der sein Töchterlein wiedergefunden wurde, und ordnete ein Volksfest an, das alle Jahre am Tage der Auffindung des Kindes, am dritten Pfingsttage, gehalten werden sollte. Da ziehen die Bursche – denn das Fest besteht noch immer – eine starke Eiche auf den Burgplatz, befestigen einen Kranz wie ein Wagenrad groß daran und richten sie auf, es wird sogar zur Erinnerung noch Gottesdienst gehalten. Auch nannte jener Ritter seine Burg fortan Quästenburg und nicht mehr Finsterburg, und im Volke heißt noch heute die jetzt öde Trümmer die Quäste.
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