Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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390. Das Teufelsloch zu Goslar

Im Dom zu Goslar hat man lange an einem Pfeiler einige Ellen hoch von der Erde unvertilgbare Blutflecken gezeigt. Im Jahre 1063 kam Kaiser Heinrich IV. nach Goslar, da erhob sich zwischen dem Bischof Horzilo von Hildesheim und dem Abt Widerad von Fulda ein heftiger Rangstreit um den Vorsitz, um die Ehrenstelle. Dieser Streit ging so weit, daß die erbitterten Gegner gegenseitig Bewaffnete in die Kirche bestellten, die ihnen den erstrebten Sitz erkämpfen sollten, und wirklich gedieh es durch des Teufels Anstiften dahin, daß in der Kirche mit den scharfen Waffen gekämpft wurde und das Blut an die Pfeiler umherspritzte und zur Kirchtüre hinaus auf den Kirchhof floß. Daran hatte der Teufel ein herzinniges Wohlgefallen. Er stieß ein Loch in die Wand und stellte sich den Kämpfenden dar, feuerte sie an und empfing die Seelen derer, die in diesem gottlosen und verruchten Kampfe fielen. Als endlich das Morden aufhörte, welches durch die drei Weihnachtsfeiertage gedauert haben soll, andere sagen, es sei vor Pfingsten gewesen, und der Priester am Altare intonierte: Hunc diem gloriosum fecisti!, da steckte der Teufel seinen Kopf durch das von ihm gemachte Mauerloch, streckte seine feuerrote Zunge armslang heraus und plärrte mit grober und lauter Stimme: Hunc diem bellicosum ac cruentum ego feci! – Hernachmals haben sie das Loch zumauern wollen, allein es blieb offen. Vergebens ward es mit Weihwasser besprengt und ward der Mörtel mit Weihwasser angemacht; wenn es auch zu war, der letzte Stein fiel immer wieder heraus, gerade wie beim Loch auf der Frankfurter Mainbrücke. Endlich wurden Baumeister vom Herzog von Braunschweig erbeten, die mauerten in das Teufelsloch eine schwarze Katze ein und sprachen beim Einsetzen des letzten Steines: Willst du nicht festsitzen in Gottes Namen, so sitze fest in des Teufels Namen! Da hielt auch dieser Stein, aber einen Riß bekam die Mauer doch wieder, und der ist auch nicht wieder wegzubringen gewesen.

Vor dem altertümlichen Rathaus auf dem Markte zu Goslar steht ein mächtig großes metallenes Schallbecken, das soll ein Werk des Teufels sein. Wer um Mitternacht daranschlägt, soll ihn rufen. Ob er kommt, weiß man nicht so ganz sicher. Es hat einen wunderbaren Klang, und wird an dasselbe geschlagen, wenn Feuer in der Stadt ausbricht, so dient es anstatt einer Sturmglocke.

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