Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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15. Winkelried und der Lindwurm

Zu Wylen, einem Dorfe nicht weit vom Pilatus, saß ein Mann, der hieß Winkelried, und in der Nähe droben am Berge hauste ein schädlicher Lindwurm, der fraß Menschen und Vieh und verödete den ganzen Landstrich, so daß ihn die Umwohner Öd-Wyler nannten. Nun hatte der Einwohner Winkelried ob einer Mordtat Leib und Leben verwirkt und war flüchtig worden, der sandte Botschaft, daß er, wenn man ihn wieder annehmen wolle, Mut habe, den Lindwurm zu bestehen. Diesen Kampf vergönnte man ihm gern, er bewahrte sich gut mit scharfem Schwert, und statt des Schildes hielt er in der linken Hand eine Dornwelle. Diese stieß er dem Drachen, sowie der auf ihn losfuhr, in den weitaufgesperrten Rachen hinein. Das waren dem Lindwurm zu viele Zahnstocher auf einmal; er wand und krümmte sich, und sowie Winkelried eine Blöße sah, stieß er ihm mit sichrer Hand das Schwert in den Leib. Der Lindwurm sank tot nieder, von seinem Blute troff Winkelnrieds Schwert, der schwang es hoch und freudig als Sieger und hatte sein Leben gewonnen, aber nur, um es alsbald zu verlieren. Denn vom Schwert ab floß das giftige Drachenblut und rann ihm über die Hand und den Arm, das brannte alsbald wie Feuer der Hölle, und der Held starb an diesem Brand. Das Land hatte er befreit, das Drachenloch wird noch heute gezeigt.

Ein andres Drachenloch zeigt man bei Burgdorf mitten im Berner Lande. Es zogen zwei Herzöge von Lenzburg aus zu jagen, die waren Brüder und hießen Sintram und Bertram, oder nach andern Guntram und Waltram, und kamen in einem wilden Wald an ein wüstes Geklüft, darin lag ein ungeheurer Drache, der ebenfalls die Landschaft umher zur Einöde machte. Als der die jungen Jäger gewahrte, fuhr er alsbald auf sie los und schlang den Bertram, den Jüngsten, mit Haut und Haar durch seinen weiten Schlund hinab, Sintram aber fiel voll Mut den Drachen an, hieb ihm den Kopf ab, schnitt ihm den Leib auf und half seinem Bruder, der noch lebendig war, heraus. Danach ließen die Brüder der heiligen Margaretha zu Ehren eine Kapelle an dem Orte erbauen und die Tat durch ein Bild verewigen.

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