Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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162. Wittekinds Taufe

Kaiser Karl der Große war gar mildtätig gegen Arme und Gaben Heischende, absonderlich an den großen Festtagen, deshalb folgten ihm auch die Bettler in Scharen nach. Da geschah es in einer Karwoche, daß Wittekind, der Sachsen Heerführer, der zu Engern saß, den Kaiser zu versuchen dachte, legte Bettlergewande an, ging in Karls Lager, wollte auch der Franken Heimlichkeit erkunden und setzte sich unter die Schar der Bettler. Da nun der erste Ostertag angebrochen war, wurde die heilige Messe gelesen, und wie der Priester das Heiligtum emporhob, so erblickte Wittekind durch ein göttliches Wunder in der Monstranz ein Kind, so schön, wie er noch nie eines gesehen hatte, und ward gegen das Kind voller Liebe. Nach dem Messeopfer wurden den Bettlern Silberpfennige ausgeteilt, und da wurde Wittekinds Heldengestalt erkannt trotz seiner Verkleidung und er vor Kaiser Karl geführt. Aber Karl empfing seinen großen Gegner gütig und sprach mit ihm über den Christengott und seinen Dienst, und Wittekind erzählte von dem Kinde, das ihm vorgeschwebt. Darauf hat der Sachsenheld die heilige Taufe willig angenommen und hat auch veranlaßt, daß viele seiner ihm untergebenen Fürsten und Führer sich taufen ließen, und Karl der Große machte ihn zum Herzoge von Sachsen, Engern und Westfalen und verwandelte das schwarze springende Roß, welches der Sachsenheld in seinem Schilde führte, in ein weißes.

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