Ludwig Bechstein
Deutsches Sagenbuch
Ludwig Bechstein

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207. Die drei Meister

Zu Lübeck geschah es, daß bei einem großen Brande der Scharfrichter um das Leben kam, alsbald bewarben sich um dessen Stelle drei Meister, denn die Stelle war sehr einträglich, es gab manchmal an einem Tage dreißig bis vierzig arme Sünder durch das Schwert oder die scharfe Diele abzutun, dafür zahlte pro Mann löblicher Senat einen bis zwei rheinische Gulden. Nun wurde beschlossen, daß jeder der neuen Bewerber ein Probestück machen sollte, und der das beste tue, dem sollte die Stelle werden, das waren die Meister wohl zufrieden. An armen Sündern war kein Mangel, und die Probehinrichtung begann. Der erste Meister stellte den Verbrecher vor sich hin, führte einen Lufthieb, und man sah jetzt, daß jener ein rotes Schnürchen um den Hals hatte und närrisch mit den Augen zwinkerte. Der Meister sah das Volk an, wischte sein Schwert säuberlich und gab dem armen Sünder einen Tritt. Da fiel er um, und der Kopf fiel von ihm ab. Er hatte ihn unversehens so schnell und meisterlich geköpft, daß er's gar nicht gemerkt hatte, und die Zuschauer hatten es auch nicht gemerkt. Lauter Beifall lohnte den großen Mann, der sein Handwerk zur Kunst erhob. Der zweite Meister erklärte, da er nun sein Probestück ablegen sollte, er müsse nun um zwei Schafottkandidaten bitten, und hat darauf zweien mit einem Streich die Köpfe abgeschlagen, ganz kunstgerecht und meisterhaft, und viel Lob und Beifall geerntet. Der dritte Meister erforderte wieder nur einen Delinquenten, legte diesem zwei eiserne Ringe um den Hals, und zwischen beide Ringe legte er im Nacken eine Erbse. Hierauf schwang er sein Schwert, und mit sicherer Hand hieb er genau die Erbse in zwei gleiche Hälften und zwischen den beiden Ringen hindurch den Kopf vom Rumpfe. Das ward für das allergrößeste Kunststück angesprochen, und dieser Meister erhielt die Bestallung, die andern beiden aber wurden mit stattlicher Verehrung entlassen.

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