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Die Natur hatte den Rheingau scharf begrenzt und geschlossen und so seiner Verteidigung vorgearbeitet. Von zwei Seiten schützte der Rhein; das Tal der Waldaff im Osten und das Wispertal gegen Westen liefen bei Schwalbach hart zusammen, wo hohe Gebirge mit dichten Waldungen die Lücke wie jene beiden Flanken deckten. Aber diese natürliche Schutzwehr genügte den Rheingauern nicht; eine künstliche schufen sie sich in dem sogenannten Gebück, das den ganzen Gau nach der Landseite mit einer lebendigen Schutzmauer umgab. Der treffliche Pater Bär, des Klosters Eberbach Priester und Bursierer, beschreibt es wie folgt: »Man warf die in diesem Bezirk stehenden Bäume in verschiedener Höhe ab, ließ sie neuerdings ausschlagen und bog die hervorgeschossenen Zweige zur Erde nieder. Diese wuchsen in der ihnen gegebenen Richtung fort, flochten sich dicht ineinander und brachten in der Folge eine so dicke und verwickelte Wildnis hervor, die Menschen und Pferden undurchdringlich war.« In dieser Weise hätten die Deutschen, meint Bodmann, das ganze Taunusgebirge gegen die Römer befestigt, wovon entweder die Reste oder doch Nachrichten auf die Rheingauer gekommen seien. Diese Befestigung wurde noch durch einen Landgraben und mancherlei Bollwerk verstärkt. Das erste derselben – bei Niederwalluf – hieß der Stock; aber das Hauptwerk war der sogenannte Backofen, der aus sechzehn durch starke Mauern verbundenen Türmen bestand, die von Niederwalluf bis an die Klinge liefen. Hier ging ein Felsen quer ins Tal bis an die Waldaff. Schon früh war es zur Anlegung der Straße nach der warmen Mühle (Schlangenbad) und Schwalbach durchbrochen worden. Diesen engen, leicht zu verteidigenden Paß versah man mit Tor und Türmen, die erst vor wenigen Jahren bei Anlegung der Schlangenbader Chaussee weggebrochen wurden. Der Name Klinge (gotisch »hlaina«, englisch »linch«) bedeutet ein enges Tal.
Von der Klinge lief das Gebück, von mehreren Bollwerken, deren Torbogen den Durchgang öffnete oder schloß, unterbrochen, in westlicher Richtung fort, an dem sogenannten Busenhan, am Mapperhof und am Weißen Turm vorbei nach dem Wispertal, dessen unüberwindlich hohe Felsenufer weitere Bollwerke unnötig machten. Auch der letztgenannte schöne gotische Turm ist vor etwa fünfzehn Jahren weggebrochen, und nichts ist mehr davon übrig als ein mit dem vereinigten Wappen von Geisenheim und Rüdesheim nebst der Jahreszahl 1425 geschmückter Stein, den man an einem kleinen Häuschen beim Kuhtor zu Geisenheim eingemauert findet.
Diese Landwehr, welche den ganzen Rheingau in eine große Festung verwandelte, schützte ihn vor den Verwüstungen des Faustrechts und tat auch in größeren Fehden und Kriegen gute Dienste. In dem berüchtigten Streit der beiden Mainzer Erzbischöfe Diether und Adolf standen die Rheingauer zu letzterem, und umsonst versuchten es Diether und im folgenden Jahr sein gewaltiger Bundesgenosse, der siegreiche Friedrich von der Pfalz, in einem zweitägigen Sturm, ihre Verschanzungen zu gewinnen. Auch Herzog Bernhard von Weimar konnte an der Spitze des Schwedenheeres nichts gegen den Backofen ausrichten, und nur durch Überrumpelung der oberen Bollwerke, die sich keiner Gefahr versahen, gelang es ihm, in den Rheingau zu dringen.