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Karl Simrock

Der Rhein

Hochheim

Die Strecke zwischen Mainz und Frankfurt wünschten wir auf der Eisenbahn zurückzulegen, weil die dazwischenliegenden Ortschaften mit Ausnahme von Hochheim und Weilbach wenig Interessantes bieten. Ersteres, dessen wir als Geburtsort der heiligen Bilhilde schon gedachten, gehörte ursprünglich dem Domkapitel zu Köln, von welchem es jenes zu Mainz erkaufte. Sein Wein, obgleich nicht im Rheingau gewachsen, ist so berühmt, daß er Engländern und Russen zur Bezeichnung aller edlen Rheinweine dient. Die Önologen begreifen nicht recht, warum hier ein so vorzüglicher Wein gedeiht, da doch weder ein sonderlicher Schutz gegen die schädlichen Winde vorhanden noch die Abdachung gegen den Main bedeutend genug sei. Herr Bronner hat aber vergessen, die zeitigenden Nebel des Rheins und des Mains und die Vorrichtungen zur Bewässerung und Entwässerung der Weingärten in Anschlag zu bringen, die beide eine frühe Reife begünstigen und in guten Jahren selbst die beliebte Fäulnis der Überreife herbeiführen. Es ist jetzt nicht mehr nötig, Feuerspritzen an den Main zu bringen, wie es in den siebziger Jahren der zeitige Domdechant anordnete, um seinen Weingarten, die beste Hochheimer Lage, damit begießen zu lassen. Der Dechant pflegte die Sommermonate hier zuzubringen, wo ihn denn der Mainzer hohe Adel und selbst der Kurfürst nicht selten besuchte, weil dieses Prälaten Küche und Keller im besten Ruf standen. Jetzt ist die Domdechanei in ein herzogliches Jagdschlößchen verwandelt und auch die dazugehörigen Weinberge sind des Herzogs Besitz.

Zwischen Kastel und Weilbach ersteigt der Wanderer so gemach, daß er es gar nicht gewahr wird, die Hochheimer Hügelvorhöhe des Taunus. Aber er sehe sich nur um, so wird ihn der Blick in das herrliche Rheintal belehren, daß er eine Höhe erklommen hat. Das vieltürmige Mainz, halb auf seinem Hügel lagernd, halb an den Rheingolf niedergleitend, stellt sich besonders vorteilhaft dar, und jene Seite seiner Umgebung, welche früher der Weißenauer und der Hechtsheimer Berg unseren Blicken entzogen, die berühmten Weinlagen zwischen Laubenheim und Oppenheim, werden hier vollkommen deutlich.