Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Frankfurt

Das Marktschiff

Von Mainz können wir nach Frankfurt zu Wasser oder zu Lande gelangen. Zu Wasser nicht mehr auf dem Dampfschiff, denn es hat seine Tätigkeit auf dem Untermain eingestellt; zu Land noch nicht auf der Eisenbahn, denn die ihrige soll erst beginnen. Für die langwierigste Wassergelegenheit gilt die mit dem Marktschiff, doch möchten wir sie nicht geradezu die langweiligste nennen, wenigstens nicht zur Messezeit. Dem breiten Hauptschiff werden alsdann noch drei bis vier ungeheure Kähne oder Schalden angehängt, deren Boden das Gepäck der Reisenden und die Waren, womit sie befrachtet sind, völlig überdecken. Auf diesem unebenen, von Kisten und Kasten, Fässern und Säcken, Ballen und Körben gebildeten Terrain rutschen und klettern die zahlreichen christlichen Passagiere hin und her, während die würdigen Söhne des betrügerischen und wucherischen dritten Erzvaters den inneren Raum des Hauptschiffs durch ihre Atmosphäre verpesten. Nur der heftigste Platzregen könnte das unbeschnittene Volk dazu bewegen, hier eine Zuflucht zu suchen. Auch ist es draußen auf dem Gepäck in jeder Beziehung lustiger. Menschen aller Nationen, Geschlechter, Lebensalter und Stände wuseln wie in einem Ameisenhaufen durcheinander. Ehe man sich's versieht, werden Geschäfte gemacht, Wein und Bier ausgeschenkt, Obst und Kuchen verkauft, Ellenwaren abgemessen, Orgeln gedreht, Possen gerissen und Liebeshändel angezettelt. Es ist ein großer Jahrmarkt, der sich in den größeren Frankfurtschen zu verlieren eilt. Aber die Eile hat Weile, denn erbärmlich langsam treibt er dem Ziel zu, die Pferde, welche die schweren Schiffe dem Strom entgegenziehen, schwitzen und keuchen, die antreibenden Halfen jo-o-o-ohen – und doch ist kein Fortkommen. Ehe Höchst erreicht ist, wo Mittag gemacht wird, sind alle Eßwaren vergriffen, und der Hunger geht wie ein Würgeengel durch die Menge. Nach Tisch streckt der Schlaf Hunderte darnieder; zum Glück ist dann Frankfurt nicht mehr fern.

 


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