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Ein paar Pressekorrespondenzen, denen es nicht gut ging, sind vom preußischen Staat gerettet worden. Wahrscheinlich wird sich der Herr preußische Finanzminister wunder was darauf einbilden, der Republik einen besondren Dienst erwiesen zu haben. Aber auch Sparsamkeit ist Dienst an der Republik.
Offiziell heißt der Rettungsengel Dr. phil. Hugo Buschmann. Ein etwa dreißigjähriger Herr, der bis vor etwa einem halben Jahr Pressechef des preußischen Finanzministers Höpker-Aschoff war. Vor beinahe einem Jahr gründete Herr Buschmann mit dem frühern Reichsfinanzminister Peter Reinhold eine »Zentrale Verlags-Gesellschaft m.b.H.«, Kapital 20 000 Mark, ein Viertel davon bar eingezahlt. Reinhold übernahm 18 000 Mark, Buschmann 2000 Mark. Herr Reinhold hat von früher große verlegerische Erfahrungen, bei Herrn Buschmann fehlt diese Voraussetzung ebenso wie jede kaufmännische oder journalistische.
Seit Ende 1929 ist die Zentrale Verlags-Gesellschaft die Dachgesellschaft für zwei bis dahin selbständige Pressekorrespondenzen: die Deutsche Nachrichten- und Korrespondenz-Gesellschaft m.b.H. des frühern Ministerialdirektors Herrn Doktor Spiecker und den jetzt unter »Dr. Rud. Dammert G.m.b.H.« firmierenden, im November 1929 umgegründeten frühern »Korrespondenz-Presse-Verlag Dr. Rudolf Dammert«. Beide Korrespondenzen, die seit Ende 1929 in Bureaugemeinschaft leben, gelten als überschuldet und sanierungsbedürftig, beider Unterstellung unter die Dachgesellschaft Reinhold-Buschmann zeigt deutlich, daß eine finanzielle Rekonstruktion stattgefunden hat.
Wer ist der Geldgeber gewesen?
Am 9. Januar berichtete die ›Berliner Börsen-Zeitung‹, daß der preußische Staat beide Korrespondenzen erworben und zu diesem Zweck weit mehr als 100 000 Mark ausgegeben habe. Der Amtliche Preußische Pressedienst hat keine Berichtigung gebracht, nur in der Pressekonferenz erfolgte ein mündliches Dementi. Doktor Dammert selbst bestritt lebhaft, daß sein Unternehmen vom preußischen Staat erworben worden sei, er habe die Anteile noch im eignen Besitz, es bestehe nur mit Spiecker Expeditionsgemeinschaft. Das kann schon aus dem Grunde nicht sein, weil ja eine Bureau- und Telephongemeinschaft mit den andern Unternehmen eingegangen worden ist. Der durch die Dachgesellschaft gewährleistete Einfluß Preußens beruht wohl darauf, daß das Finanzministerium die Schulden der Dammert-Korrespondenz bezahlt hat und laufend Betriebszuschüsse bietet. Alles in allem hat der Finanzminister, der das auf eigne Faust, also ohne Befragung des Kabinetts durchgeführt haben soll, bisher etwa 180 000 Mark hineingesteckt. Diese Ausgabe, die im Etat nicht vorgesehen ist, muß natürlich als ganz ungesetzlich betrachtet werden. Wie der Minister die Ausgaben verrechnen will, ist eine interessante Frage; im Etat des Finanzministeriums steht ein Posten von 185 000 Mark unter dem Titel »Vermischte Ausgaben«, woraus aber Stipendien zu bestreiten sind.
Weiter hat das Finanzministerium auch dem demokratischen »Kölner Tagblatt« unter die schwach werdenden Arme gegriffen und namhafte Beträge aufgewandt. Übrigens ist auch die zu Spieckers Unternehmen gehörende agrarpolitische Korrespondenz ›Grüne Blätter‹ von der Preußenkasse subventioniert worden, und zwar in der Form einer einmaligen Beihilfe von etwa 20 000 Mark und seit Spätherbst laufenden monatlichen Beträgen von etwa 1000 Mark. Die ›Grünen Blätter‹ haben sich daher für die Getreidepolitik der Preußenkasse lebhaft aber untauglich ins Zeug gelegt. Diese Zahlungen sind gleichfalls mit Wissen Herrn Höpker-Aschoffs erfolgt; auch sie sind nicht mit dem Aufgaben- und Geschäftsbereich der Preußenkasse in Einklang zu bringen.
Wie steht es um die Personalpolitik dieser unter preußischem Protektorat arbeitenden Korrespondenzen? Da ist Herr Schulze-Pfaelzer, ein freundlicher Vernunftrepublikaner, früher bei Hugenberg, da ist Herr Peters, früher bei der politischen Übergangsstelle des Rundfunks, doch wegen eigenmächtiger Zusätze zu einer Rede Severings hinausgeworfen. Und schließlich hat man noch mit – Herrn Arnolt Bramen verhandelt, wahrscheinlich um keinen Zweifel zu lassen, daß man sich trotz der Regierungszuschüsse nicht als Reptil fühle sondern sich stolze Unabhängigkeit bewahre.
Alles in allem, der Herr preußische Finanzminister, der Wahrer des Etatsrechts ist als Etatsverletzer aufgetreten. Man darf auf seine Erklärungen neugierig sein.
Die Weltbühne, 11. März 1930