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449. Ritter on muhe Kalbfleisch on geel bruhe

Priamel ohne Prädikat; zu ergänzen etwa nach Wa II 1693 Kuhfleisch 4

Kühefleisch in gelber Brühe,
Ein Ritter ohne Mühe,
An diesen beiden ist verlohren
Der Safferan vnd die gülden Sporn.

Anm.: »Ritter ohne Mühe nannte man diejenigen Ritter, welche entstehen, wenn ein König gewählt wird oder Lehen verleiht (Graf 40).« Vgl. dazu Wa III 1697 Ritter 25 V iererley Ritter seind ... Die fünften seind, wenn ein römischer König erwählt wird, die nennt man Ritter ohne Mühe; III 1699 Ritterschaft 6 Ritterschaft will Arbeit haben.

Das Sprw. besagt also, daß Jemand, der ohne Mühe Ritter werden, Titel und Ehren haben will, so wenig zu achten sei, als Kalbfleisch ohne gelbe Brühe.

Direkte Belege für das Sprchw. finde ich nirgends; doch spricht sich Luther öfter in dem angedeuteten Sinne aus, z. B. EA 15, 87 [Christus] ist durch Kreuz und Leiden der oberste und teuerste Ritter geworden; 25, 101 Wollen sie Ritter werden an der Unsern Blut, so sollen sie es mit Fahr und Sorgen werden, wie sichs redlichen Rittern gebührt; 29, 286 So sollt nun dieser toller Geist also wider uns gefochten haben .. und sollt beweiset haben, dasz wirs nicht drinnen hätten, so wäre er ein teurer Ritter worden; 36, 364 Auf diese Weise würden wir zu rechten Rittern geschlagen und alle Feinde verachten können; Weim. Ausg. II 124, 6 also bleiben sie faule, feltfluchtige arme ritter, die nit angefochten noch streiten wollen. – Die Ra ›zum Ritter werden wollen an Jemand, der sich nicht wehren kann‹, braucht Luther im spöttischen Sinn z. B. EA 37, 299; 38, 439. ›Kalbfleisch‹ dient im Sprw. sonst zur Bezeichnung der unerfahrnen und übermütigen Jugend vgl. Wa II 1109 Kalbfleisch. So bei Luther: Lösche 277 Ihr habt viel Kalbfleisch; und vielleicht auch Weim. Ausg. XI 380, 25 Also hatt er auch hie ym Munchkalb uber die prophetische deuttung an zeygt, was die Munche für leutt sind. Unnd vielleicht auch, das solch unfall über die wellt kommen werde umb der geystlichenn missethatt willen, die durch ybr fleyschliche lere den glauben vertilget und die wellt zu kalbfleisch gemacht haben.

Dem Sinne nach wäre dann auch ein Reimspruch hierherzuziehen, den Luther über Tisch sagte (Tischr. Aurifaber 1566, Bl. 613 b)

Herrschaft ohne Schutz, Reichthumb ohne nutz,
Richter ohne Recht, Lotther vnd Spitzknecht,
Bewme ohne Frucht, Frawen ohne zucht,
Adel ohne Tugend, Unuerschempte Jugend,
hochmütige Pfaffen, Buben, die vnnütz klaffen,
Böse eigensinnige Kind, iLeute die niemands nütze sind,
Neidische Mönche, Geitzige Platthen.
Mag man auff Erden wohl gerathen.

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