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289. Wilt mich geheyen

Vgl. Wa I 1419 Geheien 1 Wer sich nicht will lassen geheyen [»verspotten, illudere, ludificare«], der musz die Welt meiden. Unter 3 Was g'heit's e? verweist Wa für den vielseitigen Gebrauch des Wortes auf Stalder, Versuch eines schweizerischen Idiotikon II 31. Eine interessante Abhandlung über das Wort findet man auch in den Simplicianischen Schriften (Kurz) IV S.398ff. (Teutscher Michel Kap. X). S.399,20 heißt es: »Das Wort Gehey ist bey uns Teutschen so verhasset, daß sichs ein ehrlicher Mann schämbt auszusprechen, und wann es jemand ungefähr im Zorn oder sonst entwischt, so wirds einem vor eine schändliche Red gerechnet, dahero es etliche verzwicken, wann sie es jemand also nachsagen: ›Was geschneids mich?‹ Ist aber gefählet, weil dieses schöne Wort jetziger Zeit unter vilen tausend Teutschen kein einiger mehr recht verstehet.« S.400,15 »Darauff antwortet Beklagter, das Wort Geheyen seye nit garstig, auch nicht so unhöflich, daß sich von dessentwegen ein Biderman schämen müsse solches zu gebrauchen, sonder gleich wie auß dem Grund der Sprach erscheine, das geeyen oder geheyen wider ehrlichen Wolstand und die Höffligkeit nit lauffe und nichts anders heisse, als sich mit Aechtzen unb Grämen hertzlich bekümmeren ober inniglich betrüben« u.s.w. – Sehr eingehend behandelt DWb 4 1,2340 dieses Wort, dessen ursprünglich abscheulicher Sinn sich immer mehr abschwächt, bis es zum bloßen Hohn- und Witzwort wird.

Aus Luthers Tischreden weist es zweimal nach Dietz II 41 [ein guter Prediger] sol sich von jedermann lassen vexiren vnd geheien (Wrampelmeyer 721). Das gefelt mir wol, wenn ein teufel den andern vexirt und geheiet (Aurifaber, Tischr. 308 a). Hier wird der Sinn durch die Verbindung mit »vexiren« hinlänglich bestimmt. Auf eine andere Stelle macht Pietsch aufmerksam in der Anm. zu Weim. Ausg. XX 201,13ff. Zu Pred. Sal. 12,12 ›Et meditatio multa molestat carnem‹ bemerkt Luther: auff teusch, das man die leut geheyt ... multorum meditatio geheye die Leut. Da das Wort bisher bei Luther nur in den Tischreden nachgewiesen war und hier mit dem Zusatz »auff teusch« (etwa in dem Sinne von ›auf grob Deutsch‹) gebraucht wird, hielt es Prof. Pietsch für möglich, daß Luther den Ausdruck als der niedrigen Volkssprache angehörig empfunden habe. Es giebt aber noch andere Stellen, aus denen hervorgeht, daß Luther sich nicht scheute, das in seiner Bedeutung bereits sehr abgeschwächte Wort auch sonst in Predigten und Schriften zu verwenden, z.B. EA 2 20, I 109 So hat uns der Teufel geheiet. 38,184 wie itzund böse Buben unsern Fürsten plagen; denn der Adel und was ein wenig was ist, das gehäuet den frommen Fürsten, wo sie können. DeW IV 416 Wohlan, Teufel, lasz mich ungeheiet. IV 615 E. C. H. wollten mir meinen Tisch- und Hausgenossen ungemeistert und ungeheyet lassen. V 506 wiewohl ich leiden mocht, sie liessen mich alten Mann ungeheyt. V 614 Will er [Schwenckfeld] aber nicht aufhören, so lasse er mich mit seinen Buchlin, die der Teufel aus ihm speiet und schmeisset, ungeheiet. Weim. Ausg. XX 90,13 Wen einer hie meister sein, einer dort, sequuntur multa somnia et post vanissimi sermones, ut vulgo fit, quando avarus multis curis se geheyt. EA 25,159 dasz Gott euch strafe, ihr verheiten Buben. In scherzhafter Weise hat Luther den Vers des Cato (Distich. II 26), den er EA 48,327 anführt, parodiert EA 48,193:

Non me doctorem sed te geheieris [statt deceperis] ipsum.

Zu dem Substantiv Gehei giebt Dietz II 41 zwei Belege. Vgl. EA 44,318 und 48,192.

Zur Ra, wie die Sammlung sie bietet, habe ich keine Nachweise gefunden. Daß sie mit Nr. 290 verwandt ist, zeigt die Stelle DeW IV 416 im Zusammenhang; denn das daraus unter Nr. 290 gegebene Citat erscheint nur als eine weitere Ausführung des hier angeführten Ausdrucks.

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