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205. Er ist ein Seycher luntros/hümpler Schelm

Alle vier Ausdrücke bezeichnen Pfuscher und Stümper, besonders in den Handwerken, dann faule, unnütze Menschen überhaupt.

a) Seycher.

Diesen Ausdruck kann ich sonst bei Luther nicht nachweisen. Nach Schmeller, BWb II 212 ist Sa'ch'r verächtlicher Ausdruck für eine Mannesperson, wie Sa'ch-Tasch'n für Weibsperson. Vgl. 1. Sam. 25, 22 und 34. Ähnlich Luther, Wrampelmeyer 1531 Wen die seiglocher [Frauen] wollen regiren, szo gehets vbel aus, Kese sollen sie machen, Khu melcken, kochen, hoc est earum officium.

Ein Wort ähnlichen Klanges braucht Luther in ähnlicher Verbindung EA 39, 303 Wenn Faulwitz drinnen [am Hofe] erfunden wird, so hat sie der Mehlthau oder (wie es Isaias nennet) der Faulregen verderbet und werden eitel Sudeler, Humpeler, Söcker draus, die viel versäumen und niemand nichts zu Liebe oder Dank machen noch thun können. – Eine Erklärung des Wortes Söcker versucht Klaiber ZfdPh 26, 52: Soker mnd. = Sucher, Räuber (was aber an dieser Stelle nicht paßt), und John Meier ZfdPh 27, 61 (vgl. auch 29, 373), der das Wort mit Socke, socken = laufen; sockeln = hinterdreinbummeln in Beziehung bringt und bemerkt, daß auch Hümpler zunächst vom Gange gebraucht wird. – Mir scheint, daß diese Erklärung bestätigt wird durch eine Stelle der Tischreden (Leipzig, 1577 Bl. 31 a) Vom Buch Salomonis, dem Prediger, Ecclesiastes genannt, da es Doctor Martinus gelesen vnd durch den Druck hatte lassen ausgehen, saget er: Dis Buch solt völliger sein, jm ist zu viel abgebrochen, er reit nur auf Socken, gleich wie ich, da ich noch im Kloster war. Nur müßte man die Deutung etwas anders wenden als J. Meier thut, und den, der kümmerlich auf Socken reitet, d.h. zu Fuß geht, im Gegensatz stellen zu dem Reiter zu Pferd, oder, wenn man den Ausdruck reiten nicht pressen will, den unsicheren, vorsichtigen Gang auf Socken gegenüberstellen dem festen Gang in Schuhen und Stiefeln. So würde ein Söcker oder Sockenreiter dasselbe sein, wie ein Stümper, der nichts Ordentliches und Vollkommenes leistet.

b) Luntros.

Bei Luther EA 23, 305 (vgl. Wa III 286) vnd haben die groben, vnadlichen luntrossen, die stadtschlüngel vnd die dorffilze noch nicht soviel gelernt, das sie vnter dem gottes wort, das gepredigt wird, vnd der person des predigers kündten vnterscheid machen (Nach Dietz I 448). De W V 422 Und mir sehr herzlich gefallen hat, dasz die zu Zwickau von sich selbs solcher Sachen sich so ernstlich und tapferlich annehmen und treiben, da sonst in andern Städten und Oberkeiten solche Lundtrosse oder gottlose Geizhälse regieren, die wohl soviel weltlicher Andacht haben, dasz sie wollten, Christus mit Kirchen und Schulen wären, da der Leviathan regiert.

Luntros, Lunterus ist ein zu luntern (Lunten) scherzhaft mit lateinischer Endung gebildetes, in Niederdeutschland (nach mündlicher Mittheilung z. B. auch in Marienwerder) gehörtes Wort, gleichbedeutend mit Lodderbube, nachlässiger gekleideter Mensch, Tagedieb, Faulenzer. Vgl. DWb 6, 1309. – Lunten = Lumpen bei Luther EA 32, 29 faule, zerrissen und stinkende Lunten furbringen, sich zu schmucken, daran beide, der Teufel und Menschen billig ihren Hintern wischen.

c) Hümpler.

DWb 4 2, 1909: eigentlich schwerfällig, schlecht gehend; dann in übertragener Bedeutung, langsam und schlecht etwas machend; ein Pfuscher und Stümper in seinem Fache. Agricola 386 erklärt: Er ist eyn Hümpeler, eyn hümpelman. Eyn rechter künstler machet sein werck der massen, dasz es eynen bestandt hat. Eyn hümpeler aber hympelt vnd macht nichts rechtschaffens oder bestendigs.

In der Bibel ist der Ausdruck jetzt durch Stümper ersetzt. Vgl. Spr. 26, 10 Wer einen Humpler dinget, dem wirds verderbet. Die eigentliche Bedeutung tritt klar hervor Wrampelmeyer 1353 Imitatio est res diabolica et humana. Ideo simpliciter est noxia, aut ad minus vana. Ita imitantur verbum Dei haeretici, Opera fidei hypocritae, Caeremonias idolatrae, Bellum Tyranni et temerarij, Stulti regnum, Artificia inertes, die humpler, Artes asini. Aurifaber, Tischr. (1566) 188 a gleichwie die guten vnd kunstreichen Werckmeister sehen vnd mercken allzeit, dasz an jrem Werck etwas, ja viel mangelt vnd feilet. Die Hümpler aber lassen sich duncken es mangel jnen an nichts, sondern es sey alles recht vollkommen. EA 39,303 siehe unter Nr. 205a. 23,216 Die Ungläubigen und Untreuen, das bleiben auch endlich Bettler und Humpler. 51,108 Des gleichen gehets in allen andern Künsten, ja in allen Handwerken, dasz die rechten Meister müssen solche Hümpler und Sudler leiden, die sich immer mit einmengen, und ob sie wohl Nichts können, doch alles nachthun und besser machen wollen. Weim. Ausg. XX 77,25ff. Sicut qui male docent aut discunt stulti et indocti concionatores, Sic et inter artifices Fuci illi, quos vocamus Humpeler, qui tantum alios impediunt, cum ipsi nihil recte faciant. XX 78,24 Rubigo et vermis ut homo talis in republica sibi et aliis noxius, Darumb bleiben es auch humpeler. XX 198,4 Si bonus artifex est, veniunt multi humpler und verderben die sach. Sic cum verbo: Volunt docere verbum et non habent. Et multitudo illos asinos sequitur, die humpler haben die welt ynnen. XX 199,32 der humpeler wort sind wie der schaum auf dem wasser. XX 202,8 die humpler et sordida ingenia quaerunt tantum etc. – Abgeleitet sind Ausdrücke wie IV 658,33 Hümplerprediger. EA 36,131 Ein ander [Bauer] kommt mit ander Hümpelei und kann sich nicht eckel genug damit machen. 38,195 Unser Gottesdienst ist ein reiner Gottesdienst. Es ist nicht ein falsch Humpelwerk und verstümpelte Arbeit wie im Gesetz. 49,193 Denn der andern Hümpelwerk als der Mönche und Pfaffen, solche Kappen und Platten tragen, so oder so bekleidet sein, so essen, so beten, so singen, das will er nicht.

Im Sinne Luthers braucht den Ausdruck P. Gengenbach Laienspiegel S. 186,5 ettliche hümpler und alt hosen pletzer, die da weder des nüwen noch alten testamentz bücher verstond un gelesen haben. Sunder nur der alten wyber fablen, nunnentröum und ettlicher nüwer doctoren gut duncken.

Vgl. auch NS 95,42
Der müsz ein schmürtzler, hümpler sin
wer nit wil sitzen bi dem win. ...

Den Ausdruck Sudeler, EA 51, 108 neben Hümpler und in demselben Sinne gebraucht, wendet Luther EA 65, 105 auf Emser an wegen seiner stümperhaften und unselbstständigen Übersetzung des N. Testaments. Sonst auch EA 40, 286 Solcher heilloser Leute hat der Teufel itzt sonderlich unter den Rotten, da kein Sudeler nicht ist, so er eine Predigt höret oder ein deutsch Kapitel lesen kann, so macht er sich selbst zum Doctor und krönet seinen Esel. – Das Verbum sudeln = im Schmutz, schmutzig arbeiten s. EA 25, 228; 36,233. Vgl. auch Weim. Ausg. XX 202,8 die humpler et sordida ingenia.

d) Schelm.

Aus der Bedeutung Schelm – Aas, toter Körper entwickelt sich im Mhd. und mehr noch im älteren Nhd. der Begriff verworfener Mensch, Betrüger, Dieb, Verführer, Verräther. Bei Handwerkern wird ein Genosse, der seine Schuldigkeit nicht thut, für einen Schelm und Hundsfott erklärt. Vgl. DWb 8,2509.

NB 16, 33
Schelmen sindt, die sich erneren
Mit schelmenwerck by fürsten, herren ...

Bei Luther DeW V 600 Es ist um den faulen Schelmen [den Leib] zu thun. EA 15, 218 den halsstarrigen Schelm ... der alte Schelm, der stinkende Adam. Weim. Ausg. XX 229, 22 Aber wir kalte, faule, undankbare Schelmen. EA 40, 210 verzagte Schelmen. 64,182 die faulen Schelmen, die nichts thun wöllen.

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