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5. Kirchliche Architektur. Ihr Wiederaufleben im XII. Jahrhundert. S. Maria in Cosmedin. S. Maria in Trastevere. Die Malerei in Rom. Anfänge der Bildhauerkunst. Die ersten Cosmaten. Eugen III. und Cölestin III. beginnen den Bau des Vatikanischen Palasts.
Nach der Beendigung des Investiturstreites konnte sich die Stadt langsam aus ihrem Verfall erheben. Allein die Armut der Bürger war zu groß, und die Päpste hatten sich nur mit den Kirchen zu beschäftigen, deren Herstellung durch den Kultus geboten war. Während sich in den meisten Republiken Italiens prachtvolle Dome neuesten Stils erhoben, beschränkte sich die römische Baukunst nur auf Erneuerung und Ausschmückung des in Fülle Vorhandenen.
Daß schon im Anfange des XII. Jahrhunderts ein stärkeres Gefühl für das Schöne lebendig war, lehrt hier die Kirche S. Maria in Cosmedin im Gebiet der Scuola Greca. Diese kleine Schatzkammer mittelalterlicher Kunst wurde unter Calixt II. erneuert und von seinem Kämmerer Alphanus ausgeschmückt. Sie bewahrt noch viele Zeugnisse jener Zeit, Werke naiver Skulptur, die eine Epoche trefflich darstellen, wo mitten in der eisernen Barbarei die Muse mit einem lieblichen Kindergesicht spielend und schüchtern aufzutreten beginnt. Ein Hauch jener Zeit überweht den Betrachter, blickt er dort auf die bunte Steinmosaik des Fußbodens, auf die zierlichen in Marmor ausgelegten Ambonen, die Türpfosten, den mosaizierten Bischofsstuhl in der Apsis und manches andere Werk aus den Tagen des Alphanus.
Schon früher bemerkten wir, wie Calixt II. im St. Peter und im Lateran bauen ließ, wo er die Siege der Kirche in Malerei hatte darstellen lassen. Mit einigen Unterbrechungen nahmen auch seine Nachfolger diese Tätigkeit wieder auf; namentlich glänzte darin Innocenz II. Das wahrhafte Denkmal seines Pontifikats ist S. Maria in Trastevere. Diese uralte Basilika, noch heute eine der anziehendsten Roms, wurde von ihm nach dem Tode Anaklets neu aufgebaut. Er selbst war Trasteveriner von Geburt, und die Türme seines Geschlechts standen im Gebiet jener Parochie. Er konnte jedoch die Kirche nicht vollenden, was erst Innocenz III. tat, aber trotz mancher Umwandlungen im Laufe der Zeit ist sie doch wesentlich sein Werk. Mit ihren 24 schwärzlichen Granitsäulen, die noch so viel klassisches Heidentum an ihren Kapitellen tragen, mit dem antiken Gebälk über ihnen, dem altertümlichen Fußboden, dem Tabernakel auf Porphyrsäulen und den Musiven ist diese Basilika noch heute von dem antikchristlichen Geist erfüllt, welcher dem Mittelalter Roms eigen war. Von den Musiven der Apsis und des Bogens gehören noch viele, obwohl erneuerte, jener Zeit an. Sie sind keineswegs ganz barbarisch, sondern zeigen mit Festhaltung der Tradition schon freiere Bewegung. Namentlich sind die Gestalten des Heilands und der Jungfrau Tempelbilder feierlichen und nicht zu schweren Stils. Die übrigen Gemälde sind späteren Ursprungs, aber das bedeutende Musiv in der Hohlkehle an der Außenseite der Basilika (die Madonna und zehn Jungfrauen darstellend) gehört der Mitte des XII. Jahrhunderts an und lehrt, daß die musivische Technik wieder einen Aufschwung genommen hatte. Vielleicht waren die Künstler, die dasselbe arbeiteten, aus Monte Cassino hergekommen.
Als Desiderius seine schöne Klosterkirche baute, ließ er zwar Material, doch keine Meister aus Rom kommen. Die Chronik von Monte Cassino sagt ausdrücklich, daß er Mosaizisten aus Byzanz berief und sodann in seinem Kloster eine Mosaikschule errichtete, damit diese Kunst in Italien nicht untergehe, wo sie seit 500 Jahren nicht geübt worden sei. Allein die Fortdauer der musivischen Technik in Italien widerlegt die Übertreibung des Chronisten; nur dies ist wahrscheinlich, daß die Kunstschule Monte Cassinos auf Rom viel Einfluß übte, und in der Zeit der innigen Verbindung mit den Königen Siziliens, welche so herrliche Dome bauten, haben vielleicht auch Künstler aus Palermo für die Päpste gearbeitet. Jedoch weder die Wandmalerei noch die Mosaik hatte in Rom aufgehört, geübt zu werden. In den »Vier Gekrönten«, welche Paschalis II. neu erbaute, finden sich merkwürdige Fresken in der Kapelle S. Silvestro in Porticu, die der Brüderschaft der Bildhauer und Steinmetzen angehörte. Auch in der Basilika S. Clemente, welche sicherlich Paschalis II., einst ihr Kardinal, hergestellt hatte, ist im Jahre 1862 ein Teil der unteren Kirche ausgegraben worden, wobei sich Wandgemälde fanden, die dem XI. oder XII. Jahrhundert angehören müssen.
Die Malerei im Dienste der Kirchen scheint den Künstlern bereits Wohlhabenheit und Ansehen verliehen zu haben, denn im Jahre 1148 findet sich ein Maler Bentivenga sogar unter den Senatoren. Schon um die Mitte des XII. Jahrhunderts werden römische Künstlerfamilien bekannt, die durch Marmorarbeiten in der Stadt wie außerhalb sich Ruhm erwarben. Vier Söhne eines Meisters Paulus, Johannes, Petrus, Angelus und Sasso, machten im Jahre 1148 das Tabernakel in S. Lorenzo vor Rom, und denselben gehören noch andere ähnliche Werke an. Gleichzeitig blühte in der Stadt eine Künstlerfamilie, deren Haupt der Römer Ranucius war. Sie arbeitete musivische Bildwerke in S. Maria di Castello zu Corneto. Sodann erscheinen um das Jahr 1180 die sogenannten Cosmaten, ein merkwürdiges Künstlergeschlecht Roms, welches im XII. Jahrhundert in voller Blüte stand. Solcher Art sind die Anfänge der neueren Bildhauerkunst, die aus dem sogenannten Opus Alexandrinum hervorging, das heißt aus mosaikartigem Schmuck für Kirchen, wozu farbige Marmorstücke verwendet wurden. Es waren architektonische Skulpturen, und Steinmetzen verfertigten sie. Die Bildhauerei jener Zeit beschränkte sich auf Grabmäler, Kanzeln oder Ambonen, auf Marmorkandelaber für die Osterkerze und Tabernakel, von denen Rom einige gleichmäßigen Stils aufzuweisen hat, wie in S. Clemente, in S. Maria in Cosmedin, in S. Marco, in S. Croce in Gerusalemme und in S. Lorenzo vor den Mauern. Auf dem lateranischen Platz stand die antike Reiterstatue Marc Aurels, wo sie auch Benjamin von Tudela bemerkte; vor ihr ließ Clemens III. einen Brunnen anlegen, und dies gab zu dem Irrtum Veranlassung, er habe eine Reiterstatue von Bronze gießen und im Lateran aufstellen lassen. Wie hätte die damalige Kunst in Rom Werke von Erz zu bilden vermocht?
Unter den Kriegsstürmen der Stadt saßen also in ihren einsamen Werkstätten in der ersten Morgendämmerung der Kunst Künstler, die sich voll Stolz Marmorarbeiter ( marmorarii) und römische Meister ( doctissimi magistri Romani) nannten, und sie arbeiteten mit frommem Eifer für die Kirchen, welche ihnen Beschäftigung boten. Ihre Kunst ging von Vater auf Söhne und Enkel über und bildete sich in Schulen fort. Seit der Mitte des XII. Jahrhunderts erhielten diese römischen Meister immer mehr Aufträge, denn nun gab es kaum einen Papst mehr, der nicht Kirchen herstellte oder verzierte.
Lucius II. baute S. Croce neu auf. Eugen III. stellte die Basilika S. Maria Maggiore wieder her, die er mit einem Porticus versah. Päpste begannen, wie auch Kardinäle, Paläste zu bauen. Anastasius IV. errichtete einen solchen beim Pantheon, und Eugen III. baute in Segni eine päpstliche Residenz. Er erweiterte auch den Vatikan, wo er wahrscheinlich einen Neubau errichtete, welchen Cölestin III. fortsetzte. Denn diese beiden Päpste werden als diejenigen betrachtet, welche den Grund zum Vatikanischen Palast gelegt haben.
Auch am lateranischen bauten Clemens III. und Cölestin III. Dieser Papst ließ im Jahre 1196 dort eherne Türen einsetzen. Von Clemens III. rührt wohl auch der Klosterhof in S. Lorenzo her, heute der älteste Bau solcher Art in Rom, welcher schon das folgende Jahrhundert andeutet, wo man schöne Klosterhöfe mit kleinen mosaizierten Säulenhallen anzulegen verstand.
Am Ende des XII. Jahrhunderts wurde also auch in Rom ein reger Eifer für die Kunst sichtbar, der mit dem allgemeinen Triebe in Italien zusammenhing. Sie erreichte freilich gerade dort nie eine nationale Blüte. Sie suchte vielmehr den jungfräulichen Boden solcher Städte, wo sie nicht vom tyrannischen Gesetz der kirchlichen Tradition beschränkt wird, und so wurde im Jahre 1200 Niccolò Pisano geboren, das staunenswürdige Genie einer neuen Kultur-Epoche, die im XIII. Jahrhundert zur Entfaltung kam.