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Amor, du schickst vom Himmel deine Kraft
Wie ihren Glanz die Sonne,
Die um so mehr in ihrer Wirkung schafft,
Wo Edles antrifft ihrer Strahlen Wonne.
Dante (um 1300)
Geboren zu Florenz, frühzeitig verwaist. Als Weißer (Chibelline) verbannt, führte er ein unstetes Wanderleben, sah seine Vaterstadt nicht wieder und starb zu Ravenna. Die Übersetzungen rühren vom Herausgeber her.
(Sonett 33 aus des Herausgebers Danteübersetzung, Band 4, S. 307, Herder, Freiburg i. Br. 1912.)
Ich bin mit Amor innig schon vereint,
Seitdem die neunte Sonne mich umflügelt,
Und weiß, wie er den Stachel braucht und zügelt,
Und wie man drunter lacht und ächzend weint.
Wer gegen ihn Vernunft und Kraft verschwendet,
Gleicht dem, der Sturmesläuten läßt ertönen
Und glaubt, daß er damit des Donners Dröhnen
Und Wetters Blitzgefahren bricht und endet.
Denn auf dem Platze ihres Ringgefechtes
War Willensfreiheit niemals frei von Schranken,
So daß ein Rat im Kampf vermag nichts Rechtes.
Doch kann er kitzeln neuen Sporns die Flanken;
Und, wenn er weckt die Triebe des Geschlechtes,
Folgt neuer Lust, um alte abzudanken.
So rauh soll meine Sprache sein an Kanten
Wie sie sich zeigt, das schöne Bild von Stein,
Die stündlich mehr es sein
An Härte will und trotziger Natur.
Sie hüllt sich in ein Kleid, das diamanten,
Und dadurch oder durch die Flucht allein
Trifft aus dem Köcher mein
Kein Pfeil bei ihr von Blöße eine Spur ...
Da ist kein Schild, den sie mir nicht zertrümmre,
Kein Ort, der Schutz vor ihrem Blick bescher;
So wenig scheint es, daß mein Leib sie kümmre,
Wie sich der Schiffer um ein glattes Meer ...
Doch Amor hebt von Zeit zu Zeit die Hände,
Daß er mein schwaches Leben drohend schreckt,
Und rücklings hingestreckt
Preßt er mich nieder: kraftlos bin ich gleich.
Dann schreit mein Geist, als ob er Angst empfände,
Und alles Blut, das mir im Leibe steckt,
Stürzt sich, zur Flucht erweckt,
Zum Herzen, das es rief; drob ward ich bleich.
Doch in die Linke trifft mich so ein Streich,
Daß mir der Schmerz rückprallt ins Herz mit Beben.
Dann sag ich: Einmal heben
Braucht er die Hand nur, und mich hält umfangen
Der Tod, eh nieder noch der Schlag gegangen.
O säh ich ihn doch auch das Herz so spalten
Der Grausamen, wie er es mir durchsticht! ...
Sie greift mich an, mag Licht, mag Schatten walten,
Die grause Räuberin, auf Blut erpicht.
Ach! warum schreit sie nicht
Nach mir, wie ich in heißer Kluft nach ihr?
Ich riefe gleich: »Zu Hilfe komm ich dir!«
Und tat es nur zu gern, denn mit der Rechten
Packt ich die blonden Flechten,
Die Amor kraus und goldig, mich zu höhnen,
Gemacht, und wollte meiner Lust dann frönen!
Hielt ich dann so gepackt die blonden Strähnen,
Die Rute sind und Geißel für mein Herz,
Sie sollten von der Terz
Bis Vesper mir und Abendstunde taugen.
Nicht höflich sollt sie oder sanft mich wähnen,
Nein, gleich dem Bären macht ichs, treibt er Scherz!
Und würde, trotz dem Schmerz
Durch Amors Geißel, endlos Rache saugen,
Und wollte ihre schönen Funkelaugen,
Die mein gestorbnes Herz entflammen machten,
Recht nah und fest betrachten,
Zu rächen mich, weil sie mich stets gemieden,
Und machte dann mit ihr in Liebe – Frieden!
An einen, der Dante wegen seiner kleinen Gestalt mit dem kleinsten und unbedeutendsten Buchstaben des Alphabetes verglichen hatte, nämlich mit dem i. Dante rächte sich durch den Hinweis auf das y, das im Italienischen stumm ist.
O du, der so des neunten Zeichens lacht
Und minder gilt als das, was ihm voransteht;
Geh und verdopple das, was hintendransteht –
Zu anderm hat Natur dich nicht gemacht!
einem scherzhaften Sonettenwettstreit zwischen Dante und seinem Verwandten Forese Donati, worin sich die beiden ihre Jugendtorheiten vorwerfen. (Übersetzt vom Herausgeber, aus dessen Dante, Gedichte von zweifelhafter Echtheit. Leipzig 1912, Xenien-Verlag, S. 117.)
1. Dante an Forese über dessen Frau Nella
Wer das Gehuste hört des maledeiten
Weibsbildes Biccis, der Forese heißt,
Der dächte wohl, daß sie in Nordens Breiten
Hätt überwintert, wo das Land vereist.
Kann der August ihr Schnupfen schon bereiten,
Dann frage ich, was soll im Winter werden!
Umsonst wird ihr beim Schlaf in solchen Zeiten
Der Mann als Deckbett lindern die Beschwerden.
Denn Husten, Frost und was ihr drückt das Herz,
Sind schlechter Säfte halber nicht ihr eigen;
Nein, andres mangelt ihrer Schlummerstätte.
Die Mutter weint (sie hat noch andern Schmerz)
Und klagt: Ach, daß um ein paar trockne Feigen
Sie jetzt zum Mann den Grafen Guido hätte!
2. An denselben
Dir wird man Salomonis Knoten schnüren,
Bicci, mein Jungchen, und die Rebhuhnbrüste;
Doch schlimmer als das Lamm den Luchs ich wüßte,
Denn Rache wird am Fleisch die Haut vollführen.
Solang wirst du San Simon nahe sein,
Als du dich nicht bemühest abzuschnappen;
Und läßt du dir entgehn den magern Happen,
Ist es zu spät, die Rettung zu verleihn.
Doch wie man sagt, ist dir ein Witz bekannt,
Der dir, wenns wahr, heraushilft aus der Tunke,
Weil großen Vorteil du damit erschlichen.
Und diesen Witz übt man im Karneval:
Zu streiten ist für dich nicht gut, Halunke;
Doch Stagnos Söhnen hat mans angestrichen.
(Die Rebbuhnbrüste spielen auf die schamlose Frauenmode an. Läuterungsberg 23, 97 – 108; mit den Söhnen der Familie Stagno ist es dem Forese bei Spiel und Rauferei schlecht ergangen.)
3. Forese an Dante
Geh, zieh San Gallo wieder an und spar
Ob andrer Leute Armut Weisheitsphrasen,
Weil allzustark von Mitleid aufgeblasen
In diesem Winter war der Freunde Schar.
Und hältst du für so arm uns wirklich auch,
Wie kommts, daß du von uns Trinkgelder pumptest? –
Soviel in Altafrontes Schlosse lumptest
Du doch zusammen, daß längst voll dein Bauch!
Doch besser wärs, daß dir die Arbeit munde,
Wills Gott, daß Franz und Tana für dich zahle,
Denn bei Belluzzo bist du nicht gelitten.
In Pintis Krankenstall nur schnell gesunde:
Schon seh ich Leute sitzen, scheints, beim Mahle
Und Aldigern mit Futterzeug als Dritten.
(In San Gallo, einem Stadtteil von Florenz, lag ein Hospital für Geschlechtskranke. Dante hatte seinerzeit viel Schulden gemacht, Tana und Franz sind Schwester und Bruder, Belluzzo ist ein Schwager Dantes.)
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