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Catullus (Gajus Valerius): 87-54 v. Chr.

Aus altem, angesehenem Geschlecht, genoß er seine Erziehung zu Rom, wo das Verderben seines Lebens die ebenso schöne wie berüchtigte Lesbia wurde.

 

An Lesbia

Laß uns leben, laß uns lieben,
Holde Lesbia, und nicht
Laß, o Liebe, dich betrüben,
Was ein alter Griesgram spricht.

Tage schwinden, Tage kommen –
Noch wenn unsers Lebens Tag,
Ach, der flüchtige, verglommen,
Nichts ihn neu entfachen mag.

Küsse tausendmal und hundert,
Holde, mich in guter Ruh,
Und dann tausendmal und hundert
Wieder und so immer zu!

Sind es tausend gnug der Küsse,
Sein verwirrt sie allzumal,
Und kein böser Neider müsse
Finden unsrer Küsse Zahl.

(Heinr. Stadelmann)

 

(Dasselbe in Bürgers Übersetzung)

Laß, Mädchen, leben uns und lieben,
Und lachen über das Gebrumm
Der Alten, dies wie wir doch trieben,
Wir geben keinen Deut darum.

Gehn unter auch die Sonnen, kommen
Doch wieder sie mit gleicher Pracht.
Ist unser Lichtlein erst verglommen,
Umstarrt uns ewig dunkle Nacht.

Drum wollen wir beizeiten leben!
O Lesbia, mein Holdchen du!
Komm, magst mir tausend Küsse geben,
Und hundert Küßchen noch dazu.

Schnell immer wieder tausend Küsse,
Schnell hundert Küßchen wieder dann,
Daß niemand ihre Zahl mehr wisse,
Und böser Neid nicht schaden kann.

 

Nimmersatte Liebe

Du fragst, wieviel der Küsse,
Mein Liebchen, mir behagen?
Soviel als Körner Sandes
Die Steppen Libyens tragen.

Soviel als Sterne glühen
In fernen Himmelsauen
Und schweigend auf der Menschen
Geheime Liebe schauen.

Soviele Küsse, Liebchen,
Soviele möcht ich küssen –
Und sollt kein Aug sie sehen,
Kein Mund berufen müssen.

(Stadelmann)

 

Hochzeitslied

 

(Gekürzt)

Geht und öffnet die Tür, denn schon
Naht die Braut sich. Die föhrenen
Fackeln schütteln ihr Flammenhaar.
Säumst du noch? Es verrinnt der Tag –
Tritt hervor, o Verlobte!

Laß das Weinen, du schöne Braut,
Fürchte nicht, daß ein schöneres Weib
Je den goldenen Tag erblickt,
Wenn er lächelnd sein Strahlenhaupt
Aus dem Weltenmeer hebet.

Keiner Buhlerin untertan,
Noch leichtsinniger Hoffnung voll,
Eine lockere Lebensart
Fortzusetzen – begehrt dein Mann,
Dir am Busen zu liegen.

Wie der Weinstock den schlanken Arm
Um die Stämme der Ulme schlingt,
Wird er innig den Arm um dich
Schlingen. Doch es verrinnt der Tag –
Tritt hervor, o Verlobte!

Brautbett, o wieviel Wonne wird
Deinem Herren bei Nacht zuteil,
Die bei Tage der Glückliche
Wiederholt! Doch der Tag verrinnt –
Tritt hervor, o Verlobte! –

Du darfst kommen, Gemahl, du darfst!
Deine Braut ist im Hochzeitsbett.
Ihre Wangen sind wie der Mohn
Frisch von Farbe, die Stirne hell
Wie der blühende Schlehdorn.

Ha, du säumest nicht lange, du
Kommst schon. Dich – der du frank und frei,
Was du wünschest, dir nehmen darfst,
Heiße Liebe nicht feig verbirgst –
Segne Venus, die Gute.

Spielt nach Herzenslust, doch gebt
Bald uns Kinder! Nicht ziemt es sich,
Daß ein Name, gleich euerm alt,
Untergehet: ihn müssen früh
Neue Söhne erneuern.

Jungfraun, schließet die Tür zu,
Unsre Spiele sind ausgespielt,
Und nun, liebendes liebes Paar,
Lebe wohl und bediene dich
Deiner Jugendkraft rüstig!

(Nach Ramler u. Pressel)

 

Abschied

 

(Bruchstück)

Meinem Mädchen meldet ein kurzes Wort, kein gutes zum Abschied:
Mag sie doch wohl leben mit ihren Buhlen,
Die sie jetzt zu hunderten gleich im Arm hält,
Keinen ehrlich liebt und damit die Manneskraft allen zerrüttet.
Aber niemehr denke sie meiner Liebe,
Welche starb durch sie, wie am Wiesenrand ein
Blümchen hinsinkt, das im Vorüberstreifen
Knickte die Pflugschar.

(P. Heyse)

*


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