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Frédéric Mistral: 1830 – 1914

 

Die Schöne von Arles

Was ich euch sag – ich schwör darauf!
Das Mädel mit dem weichen Haaren
War ne Prinzessin. – Merkt nur auf:
Sie kam aus Arles mit zwanzig Jahren.
Ich habe sie zuerst gesehn
Im Tümpel stehn –
Bis an die Hüften,
Wo sie im heißen Sonnenbrand
Sich Binsen schnitt mit flinker Hand
Zum Käselüften.

»Mein liebes Kind! Soll denn durchaus
Die Sonne deine Wänglein bräunen?
O ruh mit mir am Waldquell aus,
Den grüne Sträucher hoch umzäunen.«
»Ei, guter Freund, im Sonnenschein
Reift Korn und Wein.
Ich bleib im Tümpel.
Mein Kopftuch schützt mich vor der Glut.
Geh nur! Für dich ist Schatten gut
Und für die Gimpel.«

»Mein liebes Kind! Wenn dein Gemüt
Auch zart ist, rauh sind deine Worte!
Bist du von fürstlichem Geblüt?
Stammst du von einem hohen Orte?«
»Ei, guter Freund, beinah. Ich bin Arlesierin.
Du stammst aus ödern
Gebieten wohl? Man sieht dirs an:
Du mußt gewiß als Angelmann
Stockfische ködern.«

»Mein liebes Kind, wo wohnest du?
O laß um deine Gunst mich werben!
Ich fühl es, dir gehör ich zu,
Bis – einer von uns zwein muß sterben.«
»Ei, guter Freund, beim Milchverkauf
Halt ich mich auf
In allen Gassen.
Mein Bräutigam versieht das Vieh.
Er spürt mir nach, wie Jäger, die
Auf Schmuggler passen.«

»Mein liebes Kind! Das hör ich gern.
Laß an dem Bräutigam dir genügen!
Du bist zu brav. Und mir liegts fern,
Dir etwas Schlimmes zuzufügen.«

»Recht so! Denn letzt schwor wilden Blicks
Beim Kruzifix –
S ist nicht gefabelt! –
Mein Bräutigam: Wer je nach dir
Nur schielt, wird mit der Forke hier
Gleich aufgegabelt.«

(Sigmar Mehring)

*


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