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Dieser römische Epigrammatist wurde zu Bilbilis in Spanien geboren; kam als 22jähriger Jüngling nach Rom und lebte dort vom Erträgnis seiner Gelegenheits-Gedichte, die oft voll niedriger Schmeichelei waren, sowie von der Gunst der Kaiser, und der Vornehmen ein einträgliches Schmarotzerleben. Übersetzung von Theodor Schuppli.
Um den gestorbenen Gatten weint
Bei Tag nicht Galla, nur bei Nacht.
Es ist die Nacht, die – wie es scheint –
Ihr den Verlust erst deutlich macht.
Die tollste Liebe sättigt sich
Bald bis zum Überdruß,
Sobald uns auch durch gar nichts wird
Erschweret der Genuß.
Drum, Galla, stell dich ungerührt
Bei meinem Liebensflehn.
Nur, Liebchen, allzu lange nicht,
Denn das war auch nicht schön.
Wie ich, so fragst du, Flaccus,
Mir wünsche das Liebchen mein?
Es soll nicht gar zu spröde,
Nicht gar zu zärtlich sein.
Das Mittle zwischen beiden
Ists, was mir am höchsten gilt,
Ich will nicht Hunger leiden
Und bin nicht gern überfüllt.
Schon lange, Sophronius Rufus,
Durchfrag ich die ganze Stadt,
Obs nirgend gibt ein Mädchen
Das abgeschlagen schon hat.
Man findet kein einziges Mädchen,
So daß man schließlich glaubt,
Abschlagen sei Unrecht und Frevel,
Oder doch in Rom nicht erlaubt.
Ist keusch denn keine von allen?
Viel tausend! Wie machens denn die?
Jenun, sie gewähren nie was,
Doch schlagen sie ab auch nie.
Da kaum Fabulla hat das Sinngedicht
Gelesen, wo ich meinem Rufus klage,
Daß nicht ein einzig Mädchen spröd abschlage,
Will sie erhören schon zwei-, dreimal nicht
Den schmachtenden Geliebten, ihm zur Plage.
Du kannst, Fabulla, ihn getrost erhören,
Abschlagen sollst du, aber – nicht verwehren.
Ein rüstiges Weibchen hast du, Dento, dir genommen,
Doch Kinder, klagest du, bisher noch nicht bekommen.
Drum kamst du her nach Rom und flehst seit langer Zeit,
Daß dir der Kaiser das Dreikinderrecht verleiht.
Stell doch dein Bitten ein! Nimm meinen Rat an: bleibe
Noch einige Jahr in Rom und fern von deinem Weibe,
Dann triffst wahrscheinlich du – und was ist auch dabei! –
Sobald du kommst nach Haus, vier Kinder an, statt drei!
Viel Küsse, Philumene,
Gib mir, du fragst, wie viele?
Sag lieber, daß ich zähle
Des Meeres Wellenspiele,
Sag lieber, du grausame Schöne,
Daß ich berechnen muß,
Wie viele Muscheln auswirft
Der Archipelagus. –
Wie viele Bienlein fliegen
In Attika umher,
Wieviele Sandkörnlein liegen
Am Grund von Fluß und Meer,
Ja selbst die Zahl der Küsse,
Die sich Catull erbeten
Von seiner Lesbia,
Kann mir noch nicht genügen:
Wer Küsse zählen will,
Geliebte Philumene,
Ei, der begehrt nicht viel!
Ab schlägt mir Lygda alles
Und bitt ich noch so sehr.
Sie tut, als ob sie Wunder
Wie keusch geworden wär.
O Lygda, lachen wird drüber
Ein jeder, ders erfährt,
Denn alle wissens, daß du mir
Schon längst hast – alles gewährt.
So oft du mir schickst einen Hasen,
O Gellia, läßt du mir sagen:
Mein Marcus, davon wirst du schön sein
In sieben langen Tagen.
Wenn du nicht spottest, Liebchen,
Und sichs als Wahrheit bewähret,
Dann, Gellia, hast du – verzeihe!
Wohl nie einen Hasen verzehret?
Durchweg nur alte Weiber wählst du
Zur Freundschaft, und – was schlimmer ist
Als alt – grundhäßlich sind sie alle.
Fabulla, o wie schlau du bist!
Denn nur von diesem Kreis umgeben
Magst du noch in Gesellschaft gehn:
So allerdings erscheinst du jung noch,
So allerdings scheinst du noch schön!
Sechs Frauen ruhten schon in deinem Feld,
Die siebente hast heut du beigestellt.
Dein Acker, Phileros, ist zwar nur klein,
Doch trug noch nie ein andrer so viel ein.
Ihren rasch gestorbnen sieben Männern
Setzet Chloe einen schönen Stein
Nun als Denkmal, und läßt darauf graben
Kunstgerecht die schlichten Worte ein:
»Chloe hat dies hier gemacht!« Ich frage,
Kann man wohl verständlicher noch sein?
Man sagt, die alte, reiche Paula
Will mich zum Mann.
Nein! Brr! So alt! – Ja, wär sie älter,
Da nähm ichs an.
Wer lacht, wenn uns Fabulla schwört,
Daß sie nur eigne Haare trage?
Sie spricht die Wahrheit, – ohne Frage!
Weil – was sie kauft, ihr doch gehört!
Mit duftigen Salben und mit Zimtöl reibst du dich.
Bist eitel drauf, daß du schön duftest – lächerlich!
Nein, Gellia, zum Stolz ist hier durchaus kein Grund,
Denn, will ich es, so riecht auch ebenso mein Hund.
Dein allerliebstes Angesicht
Verhüllt ein schwarzer Schleier dicht.
Dein nackter Leib, der nicht so schön,
Verletzt die Flut; so höre denn!
Des Bades Nymphe tut dir kund
Hiermit durch meinen Dichtermund.
Nicht ist zu dulden sie gewillt
Den Frevel längre Zeit.
Zeig uns dein Antlitz unverhüllt,
Wo nicht, so bad im Kleid.
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