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Wir alle sind ins Leben so vernarrt, Daß wir uns diesem Bräutchen blind verschreiben, Trotzdem uns von ihm selbst gebeichtet ward, Es sei nicht willens, lang uns treu zu bleiben. |
Keiner ahnt, was alles ihm auf Erden Dunkle Schicksalsmächte noch kredenzen; Leider hat ja das Geborenwerden Unberechenbare Konsequenzen. |
Verschmelz in dir, ein geistiger Titan, Die Kraft Homers und Alexanders Und forme sinnvoll deines Lebens Plan; Es kommt doch immer alles anders. |
Am Morgen vor deinem Blicke breiten Sich unerschöpfliche Möglichkeiten; Am Abend wird es dir schon gefallen, Wenn wirklich ward nur eine von allen. |
Voll Verständnis durch die Finger sehn Lehrt Erfahrung mich und Reife; Vieles freilich kann ich gut verstehn, Was ich trotzdem nicht begreife. |
Hab' acht, wenn dich mit weichen Circe-Schlingen Der Reiz der Welt betört: Verborgen sitzt in allen schönen Dingen Der Wurm, der sie zerstört. |
Hoffe nicht, du könnest dich erneuern, Wie es auch sich wende; Deinen Kurs, du mußt ihn wahllos steuern Bis ans Ende. |
Wenn Kleinmut lähmend uns beschleicht, Was hilft es, daß zur Gegenwehr Die Hoffnung tröstend spricht: Vielleicht? Ein innres Echo ruft: Viel schwer. |
Das Leben ist ein schlechter Roman: Der Spannung täuschender Fieberwahn Läßt allgemach Recht merklich nach, Und las man die vielen Bände Mit wechselndem Genuß, Dann hat es zwar stets ein Ende, Doch nie einen rechten Schluß. |
Als ich an Mutters Rocksaum lief, Da dacht' ich wohl im Herzen tief: Die Welt kam richtig erst zur Welt, Als ich darin mich eingestellt. Doch seit vertan die Kinderschuh', Ruft immer deutlicher mir zu Der Tag, der kam und der entwich: Du Tor, es geht auch ohne dich. |
»Was ist das Glück? Sag' mir's, du Mann vom Fache!« Ein häufig Wort für eine seltne Sache. |
Verhätschle nur das eigne Sein; Du hältst allmählich Haus: Der Jüngling blickt in sich hinein, Der Mann aus sich heraus. |
Das Leben umfließt uns wie ein dunkler Teich, Tief, dicht und geheimnisreich; Wir schwimmen wie Fische mitten darin Und wissen nicht, woher und wohin. |
Gebt nur eurem Eigenwillen Ab und zu recht süße Pillen! Denn gesteht, er ist im Grund Doch ein herzlich armer Schlucker, Und mit einem Körnchen Zucker Stopft man ihm den bösen Mund. |
Laß dir den Augenblick nicht lästern; Ergreif und halte, was er beut: Ein jedes Heut ist morgen gestern; Jedoch kein Gestern wird zum Heut. |
Der Tag hat scheidend schon verschlungen Den Reichtum, den er kommend gab; Was aber sind Erinnerungen? Ein Rosenstrauch auf einem Grab. |
Wer nicht alles, was recht und gut, Zuvörderst sich selbst zuliebe tut, Nur rechnet auf der Leute Dank, Der wird gar bald im Herzen krank. |
Die echte und große Liebe ist Der allerglücklichste Kapitalist; Sie erntet Zinsen, an die sie nicht denkt, Und wird stets reicher, je mehr sie verschenkt. |
Welch Los auch immer dich betroffen, Ein härtres Schicksal gibt es nicht, Als einzuschlafen ohne Hoffen Und zu erwachen ohne Pflicht. |
Magst du dein Herz als rein erkannt haben, Verleumdung findet immer Handhaben, Und soll dich niemand mehr beargwohnen, Dann mußt du erst in einem Sarg wohnen. |
Denkt ihr ans Sterben voll Angst und Pein, Dann laßt euch die Weisheit offenbaren: Wir werden im Tode nicht toter sein, Als wir vor unsrer Geburt es waren. |
»Wo gibt es den großen, den ragenden Mann, Vor dem die Verkleinerer schweigen?« Komm mit auf den Gottesacker; dort kann Ich dir gleich Dutzende zeigen. |
Es gäbe mancher, der jetzo stumm, Die ganze Verehrung der Nachwelt darum, Dürft' er sich noch einmal verkennen lassen, Noch einmal kämpfen und leiden und hassen. |
Die sich aneinander schmiegen, Trennt der Tod mit ew'ger Kluft, Und die grimmsten Feinde liegen Friedlich in derselben Gruft. |
Das Leben wär' ein schöner Besitz, Wenn man nicht täglich ein bißchen stürbe; Die Eichen spaltet nur selten der Blitz; Sie werden allmählich morsch und mürbe. |
»Einst hat dich ein schlimmeres Leid umstrickt.« Wohl recht; wen aber der Magen zwickt, Dem wird es nur wenig Linderung schenken, An glücklich vergangenes Zahnweh zu denken. |
Sei fern vom Schauplatz und Gefecht, Gleich ist man mit dir fertig. Der Lebende hat auch nur recht, Solang er gegenwärtig. |
Sämtliche Salben Und heilende Pflanzen Machen die Halben Nimmer zu Ganzen. |
Was hat ihn so früh zum Greise gemacht? Er hat im lustigen Chor So viele Gesundheiten ausgebracht, Daß er die eigne verlor. |
Oft geht an kleinlichen Plagen zugrunde, Wer siegreich höchster Gefahr entwich: Er überlebt eine Todeswunde Und stirbt an einem Wespenstich. |
Bedenkt, bevor ihr bei Weibern und Wein Euch über Philister erhaben fühlt: Man kann, selbst wenn man im Schmutze wühlt, Ein höchst beschränkter Philister sein. |
Könnt' es dem Übermenschen verlohnen, Über Untermenschen zu thronen? Wollt ihr ihn zeugen und offenbaren, Müßt erst den Nebenmenschen gewahren, |
Nur einer Form genügt zumeist, Wer sterbend aufgibt seinen Geist; Denn viele, die noch fröhlich leben, Hat längst ihr Geist schon aufgegeben. |
»Welch ein sonderbarer Lebenslauf! Sprich, was machte mürb und alt und stumm Ihn, der einst so sprudelnd, witzig, munter?« Eines Tages kam er plötzlich auf, Kam infolgedessen viel herum Und infolgedessen rasch herunter. |
Es müßt' eine Seelenwanderung geben Vom Menschen zum Tier; das wäre gesund! Wer Treue nicht hält im menschlichen Leben, Nachträglich könnt' er sie lernen als Hund. |
Die Eitlen sind doch ein beglücktes Völkchen! Von Zweifel unberührt und Spott Sieht jeder einzelne die Welt als Rosenwölkchen Und mitten in der Wolke sich, den Gott. |
Selbstgefühl, das ist ein sichrer Schild; Hab' ihn, und du bleibst im Kampfe heil; Denn es prallt von ihm zurück der Pfeil, Welcher deinem Herzen gilt. |
Im Sonntagsfrack und im Werktagsschurz Ein ewiger Sehnsuchtsdrang! Das Leben ist vorn und hinten zu kurz Und in der Mitte zu lang. |
»Wie konnte dich der Weg verwirren? Wir sitzen längst beim Bierkrug still!« Ja, nimmermehr kann sich verirren, Wer nur ins nächste Wirtshaus will. |
Vieles schauen, Wenig verdauen; Ohne Bemühen Rasch erglühen, Rascher erkalten, Standhaft verweilen Bei den alten Vorurteilen, Nichts ganz verstehen Und immer nur sehen Die gleichen Leute Aus gleichen Kreisen, Das nennt man heute Die Welt bereisen. |
Will's dich zu Forschungsreisen treiben, So magst du ruhig im Lande bleiben: Kein dunklerer Weltteil allerwärts Als deines Nebenmenschen Herz. |
Sackgäßlein sind keinem zu ersparen; Nur soll man hinein nicht vierspännig fahren. |
Willst du, daß dir winken solle Fernster Bäume gereifte Frucht, Zähme nimmer die Wandersucht; Aber zu künftigen Früchten den Keim Kannst du nur pflanzen auf deiner Scholle, In deinem eigenen Garten daheim. |
Offne Rachen, wo ich walle: Links das Leid und rechts der Neid Und gefräßiger als alle Vor und hinter mir die Zeit. |
Wer täglich Wohltat übt mit seiner Habe Und Dankbarkeit erwartet zum Entgelt, Verlangt für seine dutzendmäß'ge Gabe Als Wucherzins den rarsten Schatz der Welt. |
Unsres Herzens Lavabrände, Schrankenlos im Glutenlauf, Wie man sie verwandelt fände Wenig Jahre schon darauf! Von der Schicklichkeit gehemmt, Von der Rücksicht festgehalten, Von der Klugheit eingedämmt Und beschleunigt im Erkalten, Durch die Sorge schnell zerkleinert, Durch Gewohnheit schnell versteinert. |
Ein fester Kerker ist unser Ich: Noch keinen gab es, der ihm entwich; Doch mancher grübelt Tag für Tag, Wie er daraus entschlüpfen mag, Indes er den Raum, der ihm gegönnt, Mit heiteren Schritten durchmessen könnt'. |
Bei jeglichem Ding ist's ein Unterschied, Ob man's von vorn oder hinten besieht, Ob mit Sättigung oder Verlangen, Ob als künftig, ob als vergangen. Drum führt das Leben uns hinters Licht, Bis wir ertappen sein Doppelgesicht. |
Sei nur im Träumen und im Wachen Der törichten Hoffnung untertan! Wer sich nicht zutraut, Gold zu machen, Erfindet auch nie das Porzellan. |
König Firlefanz Darf beruhigt sterben; Seiner Herrschaft Glanz Findet einen Erben; Wenn das End' ihr droht, Steht er frisch daneben: Firlefanz ist tot, Firlefanz soll leben! |
Ganz ohne Lärm und Wind Geschieht es selten, Daß Leute, die etwas sind, Auch etwas gelten. |
Daß man etwas geworden sei, Merkt man zunächst an der Feinde Geschrei; Erst viel später wird man erkunden, Daß man stille Freunde gefunden. |
Höchster Fleiß, ihr Honigbienen, Muß auch höchsten Dank verdienen; Euren Honig wird man essen; Euren Fleiß wird man vergessen. |
Gib einen neuen Gedanken der Welt; Sie höhnt und spottet und neckt; Jedoch verdienst du damit viel Geld, Dann hat sie Neid und Respekt. |
Neid ist ein Pfeil, getaucht in Gift, Der meistens nur den Schützen trifft. |
(Der Mißgünstige)
»Verdienste, Ruhm, Talent Schau' ich mit Neide; Nur wer die Scheelsucht kennt, Weiß, was ich leide.« |
Woher nur stammt die schnöde Herzenskühle? Zu oftmals blankgeputzt Trug er zur Schau die heiligsten Gefühle; Das hat sie abgenutzt. |
Er sprach zu ihr: »O wärest du doch mein! Was für ein seliger Mann würd' ich da sein!« Sie ward sein Weib, und steter Zank und Streit Verzögerte zunächst die Seligkeit; Die Jahre flohn, des Lebens Frist verrann, Und richtig ist er jetzt ihr seliger Mann. |
Mein Kind, nun träumst du schlummervoll; Doch einst vielleicht ein Kummerlos Macht deine Tage kummervoll Und deine Nächte schlummerlos. |
Und wird dein Leben bürdevoll, So daß du aufstöhnst würdelos, Im Tod erscheinst du würdevoll Und bist mit eins die Bürde los. |
Des Kindes Seele ist ein weißes Blatt, Und soll es deiner Kindheit würdig bleiben, Laß nichts darauf von fremden Händen schreiben, Was deiner Mutter Aug' zu scheuen hat. |
Kein Gift ist schwerer zu vertragen Als unreife Frucht im unreifen Magen. |
Der Glaube will uns den Himmel schenken Und weiß doch, erdenflüchtig gesinnt, Kein heiliger Gottbild auszudenken Als eine Mutter mit ihrem Kind. |
Wer nur mürrische Verlästerung Findet für der Jugend buntes Treiben, War entweder niemals jung Oder möcht' es allzu lange bleiben. |
Dem Edelsten dreht man einen Strick, Wenn jedes Urteil und Herzensgeständnis, Wie's eingab Stimmung und Augenblick, Man stempelt zu seinem Glaubensbekenntnis. |
Ob du lebst in Tatenfülle, Vor des Heeres Front gestellt, Oder in der engen Hülle Deiner kleinen Eigenwelt, Ob gewaltig im Bezwingen Oder sanft ins Joch geschmiegt, Niemals wirst du mehr erringen, Als was in dir selber liegt. |