|
Wilhelm Jordan, edler Streiter,
Der den Jünger früh begeistert,
Der voll Mark, wie kaum ein Zweiter,
Deutscher Sprache Formen meistert,
Jedes Wort aus deinem Munde
Hab' ich dankbar stets vernommen;
Aber sprich: Aus welchem Grunde
Soll ich schon nach Hause kommen?
Du, nach ruhmbeglücktem Leben,
Rettest dich vom Zeitgebrause;
Ich, dem erst die Flügel streben,
Sag, was soll ich jetzt zu Hause?
Ich bin jung, ich will ins Weite,
In die Tiefen, in die Fernen,
Um in wildbewegtem Streite
Viel zu schauen, viel zu lernen.
Und wenn buntes Wohl und Wehe
Meine Blicke wandernd streifen,
Darf die Qual verfehlter Ehe
Mir die Seele nicht ergreifen?
Liegt ein nörgelndes Verneinen
In dem scharf umgrenzten Falle?
Nannt' ich denn das Los der einen
Giltig und gemäß für alle?
In die gleiche Nacht hinunter
Führt auch deiner Sagen Schimmer;
Denn bei Brunhild und bei Gunther
War die Ehefäulnis schlimmer.
Was Jahrtausende geheiligt,
Um des Sängers Lied zu zieren,
Weil wir selber dran beteiligt,
Soll es drum sein Recht verlieren?
Wir verhüllen uns nicht länger
In der Vorzeit Märchenkleide;
Frei und kühn erzählt der Sänger
Von dem eignen Glück und Leide.
Seiner Brüder, seiner Schwestern
Furcht und Hoffnung strahlt er wieder,
Lebt im Heute, nicht im Gestern;
Andre Zeiten, andre Lieder!
Und die Hauptstadt unsres Reiches
Sei dem Dichter voll Gefahren?
Ist Berlin denn noch ein Gleiches
Heute wie vor fünfzig Jahren?
Wenn es damals fern im Norden
Einsam lag im märk'schen Sande,
Ist es heut das Herz geworden
Unsrem großen Vaterlande.
Nicht den Männern nur der Waffen,
Die gesiegt im blut'gen Spiele,
Auch des Künstlers stillem Schaffen
Zeigt die Weltstadt neue Ziele,
Und wir dürfen drum nicht achten
Auf des Heimwehs leise Klagen;
Auch des Geists Entscheidungsschlachten
Werden nicht zu Haus geschlagen.
Wilhelm Jordan, edler Streiter,
Nimmer wird dein Kranz entblättert,
Wenn dein Jünger rüstig weiter
Auf dem eignen Pfade klettert.
Kämpfe hast auch du erlitten,
Eh du zogst in deine Klause:
Nur wer tapfer hat gestritten,
Kommt mit gutem Recht nach Hause. |