Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Eigener Nachruf

(Praenumerando)

        Oft gerühmt und oft gescholten,
Schied ich nun von Freund und Feind;
Vielen hab' ich was gegolten,
Viele haben mich verneint.

Keiner von den Lobesspendern,
Keiner aus der Gegnerschar
Konnte die Gestalt verändern,
Die mir angeboren war.

Um den einen zu behagen,
Hatt' ich andre Künste nicht,
Als durch freie Luft zu tragen
Mein ererbtes Angesicht.

Und der andern Haß und Rüge
Traf mein ahnungsloses Haupt,
Weil ich ganz die gleichen Züge
Vorzuweisen mir erlaubt.

Ob von jenen ward gepriesen
Meiner guten Werke Zahl,
Ob mein Tun geschmäht von diesen,
Ich war schuldlos beidemal.

Jetzt, entrückt von Lust und Leiden
Und vom täglichen Gefecht,
Könnt' ich fragen: Wer von beiden
Urteilsprechern war im Recht?

Aber nein, so heikle Fragen
Tun mir jetzt noch minder not,
Als in meinen Lebenstagen;
Denn ich bin ja mausetot.

Drum der Nachwelt überlassen
Sei der richtende Beruf,
Ob zum Lieben, ob zum Hassen
Mütterchen Natur mich schuf.

Spielt mir aber keck vermessen
Diese Nachwelt gar den Streich,
Vor dem Spruch mich zu vergessen,
Meinem Staub ist's völlig gleich.

Denn die Fackel ist verglommen
Und verweht ihr warmer Hauch;
Bessre werden nach mir kommen,
Schlechtere vermutlich auch.

 

 


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