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Sisyphus wälzte den Stein
Immer mit gleicher Pein,
Immer im nämlichen Zwang
Schon jahrtausendelang.
Schweiß entrann ihm, und sein Atem schnob,
Während er das Felsstück hob und schob
Steil empor zur höchsten Bergeszinne,
Bis es, endlich angelangt am Ziel,
Ihm entgleitend in die Tiefe fiel,
Nur damit die Mühsal neu beginne.
Eines Tages jedoch,
Als im stetigen Joch
Keuchend rang er mit der Last,
Kam des Weges ein Gast;
Stattlich angetan und wohlgenährt,
Schritt er, überzeugt von seinem Wert,
Müßig durch die bergumrahmten Auen;
Doch sobald er jenen schwitzen sah,
Trat er regen Anteil nehmend nah,
Seiner Not ein Weilchen zuzuschauen.
Und er machte sich klar,
Weil er ein Denker war,
Daß verborgen darin
Lag ein erhabener Sinn.
Sollte dieser Sklave dumpf und stumpf,
Schmachtend in der Unbewußtheit Sumpf
Noch nichts ahnen von dem innern Lohne?
O, da war es Glück zugleich und Pflicht,
Aufzustecken ihm ein helles Licht
Über die Bedeutung seiner Frone.
»Teuerster, höre mich an,«
Sprach der vortreffliche Mann;
»Dankend erkenne das Heil,
Welches dir wurde zuteil.
Mit des Schweißes Perlen hold geschmückt,
Murre nicht, wenn dich die Bürde drückt,
Nenne dein Geschick nicht unerbittlich;
Forsche nicht, ob dir Gewinn erblüht,
Sondern schaffe, schaffe nimmermüd;
Denn dein Tun ist an sich selber sittlich.
Wäre dir überhaupt
Ewiges Streben erlaubt,
Glitte das Felsenstück
Dir nicht ewig zurück?
Soll es etwa ruhn am selben Fleck?
Nein, die Arbeit ist der Arbeit Zweck
Und ihr schönster Lohn, daß wir sie loben.
Schau, dieweil ich tröstend zu dir sprach,
Gingst du leichter deinem Werke nach,
Und nun bist du glücklich wieder droben!«
Sisyphus hatte den Stein
Immer mit gleicher Pein,
Schalen Erbauungen fremd
Bis auf die Höhe gestemmt,
Hatte noch mit seiner letzten Kraft
Über einen Vorsprung ihn gerafft;
Aber halten konnt' er ihn nicht länger.
Dröhnend fiel der Block hinab. Ein Schrei –
Und zermahlen unter ihm zu Brei
Lag der teilnahmvolle Müßiggänger. |