Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Schulreminiszenz

        Als ich noch in die Schule lief,
Da machten mir viel Pein
Die Wörter, die den Genitiv
Regieren im Latein;
Man schwitzt, wenn man sie mundgelenk
Herunterschnurren soll;
Begierig, kundig, eingedenk,
Teilhaftig, mächtig, voll.

Doch als zuletzt mir starr und steif
Die Regel saß im Ohr,
Da sagte man, ich sei nun reif,
Und öffnete das Tor.
O Freiheit, göttliches Geschenk!
O, wie die Brust mir schwoll,

Begierig, kundig, eingedenk,
Teilhaftig, mächtig, voll!
Begierig auf den neuen Tag
Und kundig meiner Kraft
Und eingedenk, daß jeder Schlag
Des Herzens Wunder schafft,
Teilhaftig eines Glücks, das nie
Zerrinnt in leeren Schein,
Und mächtig durch die Phantasie
Und voll von Lieb' und Wein.

Die Jahre flogen; es entflog
Der Schleier meines Traums;
Das Leben ward mein Pädagog,
Und statt des Nektarschaums
Der Selbsterkenntnis flau Getränk
Schlürft' ich mit stillem Groll,
Begierig, kundig, eingedenk,
Teilhaftig, mächtig, voll.

Begierig auf gesunden Schlaf
Und kundig mancher Not
Und eingedenk, wie zahm und brav
Die Künste gehn nach Brot,
Teilhaftig einer Würdigkeit,
Die steter Sorgen Frucht,
Und mächtig durch verwundnes Leid
Und voll von Zweifelsucht.

Was aber tut's? Ein neu Geschlecht
Lernt heute schon Latein
Und übt der Jugend heil'ges Recht.
Werd' ich begraben sein,
Dann stürmt's mit lustigem Geschwenk
Ins Land hinaus wie toll,
Begierig, kundig, eingedenk,
Teilhaftig, mächtig, voll.

 

 


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