Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Geizige Welt

        Der Sold wird karg uns bemessen
Von dieser geizigen Welt;
Wir müssen erbetteln, erpressen,
Was fest in den Händen sie hält.

Vor jeder verwunschenen Truhe
In ihrem Zauberberg
Kauert mit boshafter Ruhe
Ein unerbittlicher Zwerg.

Und vor die lieblichsten Sachen,
Vor jegliche Süßigkeit
Hat sie gesetzt einen Drachen,
Der warnendes Feuer speit.

Sie schichtet aus Steinen und Brettern
Ein finsteres Bollwerk auf;
Es steht mit gespenstigen Lettern
»Verbotener Eingang« drauf.

Im Innern die köstlichen Gaben,
Die gönnt sie keinem zu schaun;
Wir blinzeln wie lüsterne Knaben
Nur durch die Lücken im Zaun.

Und fällt vom Harren und Hocken
Uns mählich das Herz in die Schuh',
Dann wirft sie magere Brocken
Uns über das Gitter zu.

Ihr armen, frischen Gesellen,
Hört meinen verwegenen Rat:
Solch knausernde Hexe zu prellen,
Ist eine verdienstliche Tat!

Wer Schätze, die nicht versiegen,
Jemals dem Boden entgrub,
Ist über den Zaun gestiegen
Recht als ein böser Bub

Und hat dort, Gott befohlen,
Mit kecklichem Wagestück
Die geizige Welt bestohlen
Um eine Handvoll Glück.

 

 


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