Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Dezember

Hänsel und Gretel

        Weihnachtsbäume, Kinderträume!
Durch des Hauses traute Räume
Huscht geheimer Geister Schar.
Alle Päcke sind versiegelt,
Alle Türen sind verriegelt,
Und die Märchen werden wahr.

All ihr Hänschen, all ihr Gretchen,
Wackre Buben, brave Mädchen,
Freut euch, daß ihr seid zu Haus;
Daß ihr nicht bei schlimmen Wettern
Müßt wie eure Namensvettern
In den finstern Wald hinaus.

Ja, das waren arme Kinder,
Und beim Vater Besenbinder
Standen Küch' und Keller leer;
Einsam, hungernd, zitternd, frierend
Und den rechten Weg verlierend
Irrten sie im Wald umher.

Müde schon zum Niedersinken,
Sahn sie jetzt ein Häuslein winken
An des Dickichts nahem Rand.
Festtag für die armen Schlucker!
Dach und Fenster waren Zucker,
Und aus Kuchen war die Wand.

Doch die Hexe kam gegangen,
Hat die Kindlein abgefangen,
Und die schnöde Mast begann:
Wenn er recht sich fett gegessen,
Wollte sie den Hänsel fressen
Und zum Nachtisch Gretel dann.

Schon im Ofen glomm das Feuer,
Von dem alten Ungeheuer
Angeschürt mit argem Sinn.
Gretel bat, daß sie's ihr zeige,
Wie man in den Ofen steige:
Schwups, da lag sie selber drin!

Mußte, büßend ihre Taten,
Bei lebend'gem Leibe braten;
Für die Kinder welch ein Glück!
Durften jetzt beruhigt naschen;
Vollbeladen alle Taschen
Kehrten sie nach Haus zurück.

All ihr Hänschen, all ihr Gretchen,
Wackre Buben, brave Mädchen,
Solcher List bedürft ihr kaum:
Müßt nicht erst mit Hexen streiten,
Findet all die Herrlichkeiten
Friedlich unterm Weihnachtsbaum.

 

 


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