Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Zweierlei Auffassung

        In einem Garten auf dem Posilip
Erhebt sich eine riesenhafte Pinie;
Tief unten blaue Flut und Felsgeklipp,
Fern gegenüber Capris Zackenlinie.

Zu Füßen die verruchte Zauberstadt
In heitrer Not und üppigem Verderben,
Die, niemals ihrer eignen Reize satt,
Ins Weite ruft: Neapel sehn und sterben.

Ringsum ein Kranz von Städten, ungetrennt,
Leichtsinnig angeschmiegt dem Feuerkegel,
Und jenseits die Gebirge von Sorrent
Und auf dem Meere hundert weiße Segel. –

Der Garten liegt versteckt und hoch umzäunt;
Schon mancher ging an diesem Gnadenorte
Blindlings vorbei; doch unser kundiger Freund
Wies uns den Weg durch die bescheidne Pforte.

Und außer uns, die vor der Gottnatur
Hinknieten brünstiglich als fromme Jünger,
Im Garten war ein altes Weibchen nur;
Die brummte was und schaufelte den Dünger.

Für mich erklang ihr mürrisches Gebrumm
Wie Kauderwelsch; der Freund jedoch, seit Jahren
Neapels Bürger, half mir wiederum
Und ließ mich ihrer Rede Sinn erfahren.

Von neuer Andacht ward ich ernst und still;
Denn die Verdeutschung hieß, die ungefähre;
»Möcht' wissen, was dies fremde Volk hier will!
Als ob hier irgend was zu sehen wäre!«

 

 


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