Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Weckruf

        Mein Schatz, du schliefst zu lange,
Gewiegt von weichem Flaum:
Ein Kuß auf deine Wange
Erweckt dich aus dem Traum.
Wach auf und reib den Schlummer
Dir aus den Augen schnell;
Am Lager steht ein dummer
Und zärtlicher Gesell.

Er beugt sich zu dir nieder
Und spricht: Im warmen Nest
Zum vierten Male wieder
Kam heut dein Wiegenfest,
Seitdem der Gott der Ehe
Am Herde traulich weilt,
Seitdem du Wohl und Wehe
Getreu mit mir geteilt.

Wer so wie wir gegangen
Ein weites Wegestück
Durch sorgenvolles Bangen
Und jubelvolles Glück,
Wer so wie wir gefochten
Mit Stürmen Hand in Hand,
Der fühlt sein Herz umflochten
Von einem starken Band.

Mit allem, was wir wußten
Von unsrer Herzen Schlag,
Als wir uns finden mußten
Am heißen Schicksalstag,
Hat innig nun verschlungen
Das Webeschiff der Zeit
Tausend Erinnerungen
Der Wanderschaft zu zweit.

Und wenn wir rückwärts lenken
Die Blicke Jahr um Jahr,
Wir können nimmer denken,
Daß einst es anders war.
Mich dünkt, als wir gekommen
Grad eben auf die Welt,
Hat dich mein Arm genommen,
Wie er dich jetzt noch hält.

Wild ist das Meer; im Hafen
Der Liebe winkt uns Ruh . . .
Ei, bist du noch verschlafen
Und hörst nur träumend zu?
War, dich emporzuschrecken,
Mein erster Kuß zu schwach?
Ein zweiter soll dich wecken:
Weiß Gott, nun bist du wach.

 

 


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